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       # taz.de -- „RTL Nachtjournal“ wird 20: Wir! Sind! Seriös!
       
       > Das „RTL Nachtjournal“ feiert am Freitag seinen 20. Geburtstag – und
       > betont sehr oft, dass es eine ernst zu nehmende Nachrichtensendung sei.
       
   IMG Bild: Der Ur-Anchormann des RTL-Nachtjournals: Heiner Bremer.
       
       Mit gepflegtem Understatement haben sie es beim Privatfernsehen nicht so.
       Tamtam ist schon eher Konzept, am liebsten Schulterklopfen der Konkurrenz.
       Diesmal ist es Claus Kleber der kollegial anerkennend vom Lerchenberg den
       Rhein flussabwärts ruft: „Ein Erfolgsprodukt!“ – „Ein ganz wichtiger Grund,
       um RTL zu sehen!“ – „Wir gucken jeden Tag darauf!“
       
       Freitagabend – zwei Wochen nach dem eigentlichen Geburtstag und mit dem
       gebotenen Abstand zum groß inszenierten Senderjubiläum – feiert RTL sein
       „Nachtjournal“. Seit zwei Jahrzehnten ist es auf Sendung, zieht stets
       deutlich mehr als eine Million Zuschauer an und dennoch: Der Sender rührt
       die Werbetrommel, als ob die Branche blind und das Geltungsbedürfnis der
       Programmmacher nach wie vor eher unbefriedigt sei.
       
       „Ein Markenzeichen für seriösen Nachrichtenjournalismus“, heißt es im
       PR-Sprech vor der Jubiläumssendung. Oder: „Die einordnende
       Nachrichtenquelle am Ende des Tages!“ Darf’s noch ein bisschen mehr sein?
       Bitte schön: „Eine TV-Institution!“ Dabei ist längst klar: Information
       können die Privaten auch. Gerade RTL hat über die Jahre mit Infonetwork
       einen mächtigen Dienstleister großgezogen, um News auf Effizienz zu
       trimmen.
       
       Es ist allein die DNA der Programme, die den Filter anders sortiert als
       drüben bei den Öffentlich-Rechtlichen. Während die „Tagesschau“
       pflichtbewusst ihren Politik-Fetisch auslebt, müssen Peter Kloeppel und Co.
       eben auch Herzzerreißendes und Skandalöses präsentieren. Ob vorverlegte
       Weihnachten für ein krebskrankes Kind in der amerikanischen Pampa oder die
       junge Frau, die erst einen Flugzeugabsturz überlebt, dann aber von der
       herbeieilenden Feuerwehr überfahren wird: News, News, News!
       
       ## Es muss immer eine Story rumkommen
       
       Das sei für die Menschen „vielleicht sogar interessanter als die Meldung
       über den 25. Ansatz in einer AG bei den Koalitionsverhandlungen, das Thema
       ’Maut‘ zu lösen“, sagt RTL-Nachrichtenchef Peter Kloeppel zu seiner
       Themenauswahl. Er ist da ehrlich, bestärkt von seinen Quoten: Am frühen
       Abend hängt er in der speziellen Zielgruppe schon mal die Hauptnachrichten
       des Zweiten ab: „heute“ – inzwischen selbst mitunter recht bunt – ringt mit
       Kloeppel.
       
       Das alles heißt aber freilich nicht, dass die sogenannten harten Themen
       gänzlich aus den Sendungen gedrückt würden –im Gegenteil. Die Hürden hängen
       hier allerdings höher. Es muss stets eine „Story“ rumkommen, nicht bloß
       eine pure Sammlung von O-Tönen. „Tagesschau“ und vor allem „heute“ schauen
       sich das mit den eingängigen Zugängen in sonst komplizierte und
       anstrengende Themen seit Jahren ab. So haben sich über die Jahre beide
       Seiten einander angenähert. Das muss für beide nichts Schlechtes sein.
       
       Vor allem im „Nachtjournal“ suchen die Journalisten dann aber auch den
       sprachlichen Kick. Es wird oft zugespitzt und rumgealbert auf Teufel komm
       raus. Wer der Letzte am Tag ist und nicht vor leeren Sofas senden will,
       forciert nun mal die Abwechslung.
       
       ## „Frecher, lebendiger!“
       
       „Ich bin mir gar nicht sicher, ob insbesondere ’Nachtjournal‘-Zuschauer
       wirklich schon alles gesehen haben“, sagt Heiner Bremer, einst Stern-Chef
       und dann Ur-Anchorman des mitternächtlichen RTL-Magazins. „Und selbst wenn:
       Dann kommt es darauf an, die Geschichten anders zu erzählen: frecher,
       lebendiger, meinungsstärker.“
       
       Die Preispolitik an den Tankstellen läuft dann durchaus unter dem Label
       „Benzin-Abzocke“. Und geht es wie dieser Tage wieder um die Fashion Week,
       dann ist launig vom „Schweinezyklus der Modebranche“ die Rede.
       
       17 Jan 2014
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Daniel Bouhs
       
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