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       # taz.de -- Märkte werden reguliert: Mutter aller Ordnungen
       
       > Die EU will Finanzexzesse drosseln und die Spekulationen mit
       > Lebensmitteln eindämmen. Dafür gibt es Lob auch von sonst kritischer
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   IMG Bild: Ob diese chinesische Landwirtin weiß, dass man mit Mais zocken kann?
       
       BRÜSSEL taz | Sechs Jahre nach Beginn der globalen Finanzkrise zieht die EU
       Konsequenzen aus den Exzessen auf den Finanzmärkten. Wie von Kirchen,
       Umweltverbänden und Gewerkschaften gefordert, werden der Spekulation mit
       Nahrungsmitteln künftig Grenzen gesetzt. Auch der Hochfrequenzhandel, der
       Profit aus kleinsten Gewinnmargen zieht und Börsen zum Absturz bringen
       kann, wird eingeschränkt.
       
       Allerdings fällt der EU-Kompromiss schwächer aus als zunächst geplant.
       Oxfam warnt vor neuen Schlupflöchern, auch die Linke kritisiert den
       Beschluss. Erfreut zeigte sich dagegen der grüne Finanzexperte Sven
       Giegold: „Das ist ein großartiger Sieg für das Bürgerengagement in Europa“,
       sagte er. Die größten Verrücktheiten im Hochfrequenzhandel fänden nun ein
       Ende.
       
       Die sogenannte MiFID-II-Richtlinie geht auf eine Initiative der G 20, der
       größten Industrieländer, zurück. Sie verbietet den Handel mit bestimmten
       Finanzprodukten zwar nicht, will ihn aber effizienter und transparenter
       machen.
       
       Zweieinhalb Jahre dauerte das EU-interne Ringen, am Ende hätten die Briten
       die Einigung beinahe verhindert. Nun muss noch das Europaparlament
       zustimmen. Unter anderem soll der Hochfrequenzhandel an Börsen automatisch
       unterbrochen werden, wenn es zu starken Preisschwankungen kommt.
       
       ## Schwankender Maispreis
       
       An den Warenterminbörsen sind Grenzen im Handel mit Rohstoffen und
       Lebensmitteln vorgesehen, um Spekulanten abzuschrecken. Es gehe darum,
       „systemische Risiken“ auszuschalten, sagte Binnenmarktkommissar Michel
       Barnier. Das Handelsvolumen war in den letzten Jahren drastisch gestiegen,
       die Preise für Mais, Soja und Zucker schwankten massiv.
       
       Zudem sollen Bankberater künftig zum Wohle der Kunden handeln – und sich
       nicht an der Höhe der anfallenden Provision orientieren. Ein
       Provisionsverbot fand keine Mehrheit. Die versteckten Kosten von
       Finanzprodukten müssen offengelegt werden und Anbieter definieren, für wen
       die Anlagen geeignet sind.
       
       Einige der Regeln, wie die Offenlegung von Provisionen, seien in
       Deutschland bereits in Kraft, sagte der Berichterstatter des
       Europaparlaments, Markus Ferber (CSU). Der nun erreichte Kompromiss sei
       „die Mutter der Europäischen Finanzmarktordnung“. Er zitierte das
       Versprechen von Kanzlerin Merkel: „Kein Produkt, kein Handelsplatz darf
       unreguliert bleiben.“ Das ist allerdings vier Jahre alt. Bis zur Umsetzung
       sollen weitere drei Jahre vergehen.
       
       Auch Oxfam sprach von einem wichtigen Fortschritt. „Die Einigung schafft
       die Voraussetzungen zur Eindämmung von Wetten auf Lebensmittelpreise, deren
       Auf und Ab für Millionen Menschen in Entwicklungsländern eine Frage von
       Leben und Tod ist“, sagte Oxfam-Handelsexperte David Hachfeld. Allerdings
       sollen die Höchstgrenzen von nationalen Behörden festgelegt werden. Das
       könne zu einem Wettlauf nach unten führen.
       
       15 Jan 2014
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Eric Bonse
       
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