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       # taz.de -- Auf dem Weg zum Zwei-Klassen-Internet: US-Gericht kippt Netzneutralität
       
       > Der Anbieter Verizon siegt mit einer Klage gegen die Aufsichtsbehörde.
       > Nicht nur Verbraucherschützer in den USA sind alarmiert.
       
   IMG Bild: Laufen da noch alle Daten gleich schnell durch? Ähnlichkeiten mit großen Telekommunikationskonzernen sind natürlich rein zufällig.
       
       BERLIN taz | Ein US-Berufungsgericht hat den Regeln zur Netzneutralität
       einen Dämpfer verpasst. Das Gericht in Washington gab dem Konzern Verizon
       recht, der gegen entsprechende Vorschriften der Aufsichtsbehörde FCC
       geklagt hatte. Die Richter waren der Ansicht, dass die Behörde mit den
       Vorschriften ihre Befugnisse überschritten habe.
       
       Nach dem Prinzip der Netzneutralität soll jedes Datenpaket im Internet
       gleich behandelt werden – unabhängig davon, was es transportiert und wer
       Sender und Empfänger sind. Gesetzlich verankert ist das Prinzip allerdings
       nur in sehr wenigen Ländern, in der EU sind es laut der EU-Kommission
       Slowenien und die Niederlande.
       
       Verbraucherschützer und Bürgerrechtsorganisationen warnen nach dem Urteil
       vor drastischen Veränderungen. So sagte etwa Craig Aaron von der
       Nichtregierungsorganisation [1][Free Press]: „Die großen Konzerne können
       nun die Kommunikation blocken und diskriminieren, ganz wie sie wollen.“ Tim
       Wu, der als Erfinder des Begriffs Netzneutralität gilt, sprach im [2][Blog
       der Washington Post] von einer nie dagewesenen Situation. „Das heißt, dass
       etwa AT&T für seine Kunden die Serviceseite von T-Mobile sperren könnte.“
       
       Verizon-Vizepräsident Randal Milch betonte: „Die Entscheidung wird Kunden
       nicht daran hindern, dass Internet so zu nutzen, wie sie es derzeit tun.“
       Doch auch wenn die Entscheidung des US-Gerichts nicht dazu führt, dass die
       Anbieter sofort ihre Praxis ändern – sie bedeutet Rückenwind für alle
       Kritiker der Netzneutralität.
       
       ## Zwei-Klassen-Internet
       
       Vor allem die Provider haben ein Interesse an einem Zwei-Klassen-Internet.
       Denn sie können so doppelt kassieren: Einerseits von den Kunden,
       andererseits von den Anbietern, die Inhalte bereits stellten. Das würde
       eine weitere Zentralisierung der Angebote befördern. Denn große Player wie
       Google können es sich leisten, für eine schnelle Durchleitung ihrer Inhalte
       zu zahlen. Kleine, alternative Angebote haben dagegen das Nachsehen.
       
       „Auf Verbraucher hier hätte so eine Praxis in den USA keine direkten
       Auswirkungen, aber an den USA kann man häufig sehen, wohin die Reise geht“,
       sagt Florian Glatzner vom Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv). Ansätze
       gibt es bereits in Deutschland und Europa: Bei einer Reform des
       Telekommunikationsgesetzes von 2012 verzichtete die Bundesregierung darauf,
       die Netzneutralität gesetzlich zu verankern.
       
       Eine entsprechende Verordnung, die der damalige Wirtschaftsminister Philipp
       Rösler (FDP) im vergangenen Jahr vorlegte, wurde von Gegnern als untauglich
       zerpflückt und auch ein entsprechender Entwurf von EU-Kommissarin Neelie
       Kroes ist alles andere als ein klares Bekenntnis zur Netzneutralität. Und
       im vergangenen Jahr machte die Telekom Schlagzeilen mit neuen Tarifen, die
       das Prinzip verletzt hätten. Erst nach Protesten ruderte das Unternehmen
       zurück. Bereits Praxis ist etwa, dass einige Mobilfunkanbieter die Nutzung
       von Internettelefonie in ihren Geschäftsbedingungen ausschließen.
       
       15 Jan 2014
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] http://www.freepress.net/press-release/105543/court-strikes-down-fcc-open-internet-order
   DIR [2] http://www.washingtonpost.com/blogs/the-switch/wp/2014/01/14/a-fema-level-fail-the-law-professor-who-coined-net-neutrality-lashes-out-at-the-fccs-legal-strategy/
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Svenja Bergt
       
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