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       # taz.de -- Mutmaßliche Neonazis vor Gericht: Nicht mehr als eine Geldstrafe
       
       > Acht Rechtsradikale, die ein Paar aus Hoyerswerda vertrieben, sind nur
       > wegen Bedrohung und Beleidigung angeklagt. Die Polizei griff kaum ein.
       
   IMG Bild: Einer der acht Angeklagten vor dem Amtsgericht in Hoyerswerda.
       
       HOYERSWERDA taz | Die Stimmung ist prächtig unter den acht Angeklagten am
       Dienstag im Amtsgericht Hoyerswerda. Die jungen Männer, die man nach
       Glatze, Tätowierungen, Kleidung und grobem Erscheinungsbild sofort der
       rechten Szene zuordnet, lachen auch während der Verhandlung noch. Sie
       rülpsen sogar.
       
       Einer wurde aus der Haft von zwei Polizisten in den Saal geführt, ein
       anderer musste aus Bautzen von der Polizei geholt werden. Viel kann ihnen
       erst einmal nicht passieren. Angeklagt sind sie lediglich wegen Bedrohung
       und Beleidigung. Mehr als eine Geldstrafe haben sie nicht zu erwarten
       dafür, dass sie ein junges Paar in Hoyerswerda attackiert und aus der Stadt
       vertrieben haben.
       
       Am Abend des 17. Oktober 2012 war die Clique nach heftigem Alkoholkonsum in
       das Haus eingedrungen, in dem Monique und Ronny wohnten. Im Visier hatten
       die Nazis die beiden offenbar schon länger. Sie sind zwar in linken Kreisen
       nicht organisiert, aber bekannt, weil sie couragiert Nazi-Aufkleber in der
       Stadt entfernten.
       
       Nach Zeugenaussagen entfernte die Gruppe Glühbirnen im Hausflur, unterbrach
       die Stromversorgung und verklebte die Türspione mit NPD-Aufklebern. „Heil,
       Heil!“-Rufe schallten durch das Haus.
       
       Die Nazis klingelten aggressiv, traten und trommelten gegen die Wohnungstür
       und stießen Mord- und Vergewaltigungsdrohungen aus. Man wolle „die Antifa
       zerstören“, berichtete Ronny in der Hauptverhandlung von solchen Rufen.
       
       ## Polizei musste sich entschuldigen
       
       Der erst Wochen später durch einen MDR-Bericht bekannt gewordene Vorfall
       hatte deshalb für Aufsehen gesorgt, weil die Polizei nur halbherzig
       eingriff und dem Paar nahelegte, die Stadt zu verlassen.
       
       „Es ist einfacher, zwei Personen zu einem anderen sicheren Ort zu
       verbringen als 30 Personen beispielsweise zu bewachen oder permanent fünf
       Funkstreifenwagen vor eine Haustür zu stellen“, sagte damals Thomas Knaup,
       Sprecher der Polizeidirektion Oberlausitz-Niederschlesien. Später
       entschuldigte sich die Polizei für diese Kapitulation vor den Rechten.
       
       ## Lücken im Gedächtnis
       
       Vier der acht Angeklagten äußerten sich in der von Amtsgerichtsdirektor
       Michael Goebel selbst geführten Verhandlung. Sie verwiesen durchweg auf
       ihren betrunkenen Zustand und wollten sich nicht an Kumpane im Haus oder
       deren Rufe erinnern.
       
       Man habe Ronny und Monique nicht gekannt und sei auch nicht vorsätzlich in
       das Haus eingedrungen, das direkt neben der Wohnung eines der Angeklagten
       liegt. Diese Behauptung widerlegte ein als Zeuge gehörter Polizeibeamter
       des sächsischen Operativen Abwehrzentrums gegen Rechtsextremismus. Einer
       der Angeklagten hatte bei seiner Vernehmung sehr wohl von einem solchen
       Entschluss gesprochen, weil Ronny angeblich Fotos der Nationalen
       Sozialisten Hoyerswerda ins Internet gestellt haben soll.
       
       Das Paar lebt bis heute an einem geheimen Ort. Ein bekannter
       Strafverteidiger kümmert sich privat insbesondere um den vom Vorfall
       traumatisierten Ronny.
       
       14 Jan 2014
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Michael Bartsch
       
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