# taz.de -- Der sonntaz-Streit: Schule ohne Kirche?
> Baden-Württemberg möchte die Akzeptanz sexueller Vielfalt in Schulen
> stärken. Die Kirchen nicht. Aber sollen Kirchen überhaupt Schule machen?
IMG Bild: Die Kirchen tun sich mit homosexuellen Schülern schwer.
Das Vorhaben des Landes Baden-Württemberg, im neuen Bildungsplan 2015 das
Thema „Akzeptanz sexueller Vielfalt“ [1][als Erziehungsziel
festzuschreiben,] stößt auf den Widerstand von konservativen Kreisen und
Kirchen.
[2][Eine Online-Petition] unter dem Titel „Zukunft – Verantwortung –
Lernen: Kein Bildungsplan 2015 unter der Ideologie des Regenbogens“ fand
bisher über 126.000 Unterstützer, fast 60.000 davon in Baden-Württemberg.
Die Petition wurde von einem Realschullehrer aus dem Schwarzwald gestartet,
der in einer christlichen Gemeinschaft aktiv ist.
Der Text wendet sich gegen die „negativen Begleiterscheinungen eines
LSBTTIQ-Lebensstils“ (LSBTTIQ steht für
lesbisch-schwul-bisexuell-transsexuell-transgender-intersexuell und queer).
Unter anderem werden als Beispiel „die höhere Suizidgefährdung unter
homosexuellen Jugendlichen“ und „die erhöhte Anfälligkeit für Alkohol und
Drogen“ genannt.
Kritik kam auch aus der evangelischen und katholischen Kirche. In einer
gemeinsamen Stellungnahme schreiben die Evangelischen Landeskirchen in
Württemberg und in Baden, die Diözese Rottenburg-Stuttgart und die
Erzdiözese Freiburg: „Jeder Form der Funktionalisierung,
Instrumentalisierung, Ideologisierung und Indoktrination gilt es zu wehren.
Dies gilt nicht zuletzt im sensiblen Bereich der sexuellen Identität und
damit verbundener persönlicher und familiärer Lebensentwürfe“.
Die Kirchen stellen sich zwar gegen „Hetzportale und diffamierende
Blogeinträge“ - liefern sie aber mit ihren Argumentationen nicht den
Nährboden für die homophoben Kommentare auf der Petitionsseite?
## Staatliche „Indoktrination“
Laut dem Arbeitspapier für den Bildungsplan 2015 sollten Schülerinnen und
Schüler unter anderem „einen vorurteilsfreien Umgang mit der eigenen und
anderen sexuellen Identitäten“ entwickeln und „die verschiedenen Formen des
Zusammenlebens von/mit LSBTTIQ-Menschen“.
Ist das Projekt, in der Schule die Themen der sexueller Vielfalt und
Toleranz verstärkt zu behandeln, als staatliche „Indoktrination“ zu
verstehen? Oder steckt hinter der Position der Kirchen nur der Versuch, die
eigenen Vorstellungen über Werte und Familie zu verteidigen und eine
Diskussion über die sexuelle Identität zu verhindern? Und ist
„Indoktrination“ nicht derselbe Vorwurf, der oft gegen die Kirchen erhoben
wird?
Von der Abtreibung bis zur künstlichen Befruchtung: Die Kirchen mischen
sich oft in gesellschaftliche und ethische Debatten ein. Und als
Körperschaft des öffentlichen Rechts verantworten sie - unter anderem die
evangelische und die katholische Kirche – den Religionsunterricht in den
Schulen. Auch in der Zukunft? Müssen sie sich aus den Schulen fernhalten,
wenn sie nicht bereit sind, das im Grundgesetz verankerte
Diskriminierungsverbot einzuhalten? Muss die Kirche raus aus den Schulen?
Diskutieren Sie mit! Die sonntaz wählt unter den interessantesten
Kommentaren einen oder zwei aus und veröffentlicht sie in der sonntaz vom
18./19. Januar 2014. Der Kommentar sollte etwa 900 Zeichen umfassen und mit
dem Namen, Alter, einem Foto und der E-Mail-Adresse der Autorin oder des
Autors versehen sein. Oder schicken Sie uns bis Mittwoch, 15. Januar, eine
Mail an: streit@taz.de
14 Jan 2014
## LINKS
DIR [1] /Streit-um-Unterrichtsinhalte-in-BaWue/!130824/
DIR [2] http://www.openpetition.de/petition/online/zukunft-verantwortung-lernen-kein-bildungsplan-2015-unter-der-ideologie-des-regenbogens
## AUTOREN
DIR Alessandro Alviani
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