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       # taz.de -- Kommentar Prokon vor der Insolvenz: Kapitalismuskritik als Sedativum
       
       > Eine Ökostromfirma, die hohe Zinsen auszahlt, viel Werbung macht und kein
       > Geld bei Banken holt: seltsam. Prokons Anleger hätten aufpassen müssen.
       
   IMG Bild: Sitz von Prokon in Itzehohe: Von hier wurden die Schreiben gesendet, die die Anleger von der Insolvenz gewarnt haben.
       
       Alle Warnlampen hätten im [1][Fall Prokon] bei potenziellen Anlegern glühen
       müssen. Vor allem durch die geballte Präsenz von Prokon-Werbung. An der auf
       erneuerbare Energien spezialisierten Firma kam man schlicht nicht vorbei.
       Sei es durch regelmäßige unerbetene Post, in der das Unternehmen sich als
       „äußerst erfolgreich“ pries. Sei es durch Plakate in Bussen, selbst auf
       abgelegenen Linien. Bezahlt mit wessen Geld? Eben.
       
       Dass zugleich noch jährlich Zinsen in Höhe von bis zu 8 Prozent
       ausgeschüttet wurden, machte das Ganze nicht vertrauenswürdiger. Zumal sich
       in solchen Fällen immer die Frage aufdrängt, warum die Firma sich nicht
       billigeres Geld von der Bank holt. Naheliegende Antwort: weil sie dort
       keines mehr kriegt.
       
       Um genau diesen Eindruck zu zerstreuen, versuchte Prokon, das Ganze als
       Lebensphilosophie zu verkaufen: Man wolle eben nicht mit der
       „Finanzindustrie“ paktieren, lehne deren „ asoziales Verhalten“ ab. In der
       Sache ist diese Distanzierung zwar nicht unsympathisch. Überraschend ist
       sie gleichwohl vor dem Hintergrund, dass es durchaus ethisch agierende
       Banken gibt, die keine globalen Zockerbuden sind. So liegt der Verdacht
       nahe, dass Kapitalismuskritik bei Prokon auch als Sedativum für die Anleger
       missbraucht wurde.
       
       Aber es kommt noch drastischer. Die wohl unmissverständlichste Warnung
       hätte eine Entscheidung vom vergangenen Mai sein müssen: Prokon beschloss,
       sich fortan „die Arbeit und vor allem die Zeit für die Beantwortung von
       Presseanfragen zu sparen“, statt endlich den stetig kursierenden Verdacht
       auszuräumen, die Firma betreibe ein Schneeballsystem. Dabei wissen
       kritische Beobachter: Wer sich der Presse verschließt, hat etwas zu
       verbergen – das ist bei Firmen nicht anders als bei politischen Regimen.
       
       Zu hoffen ist nun, dass der Fall Prokon den Anlegern im sogenannten Grauen
       Kapitalmarkt endlich die Naivität austreibt. 8 Prozent Rendite gibt es eben
       nicht ohne ein gehöriges Risiko. Und deswegen wird in den nächsten Jahren
       wohl noch manche Geldanlage mit hohen Zinsversprechen platzen. Gegen die
       Investition in erneuerbare Energien spricht das freilich nicht – sondern
       allein dafür, sich eher nach lokalen Bürgerenergiegenossenschaften
       umzusehen, als bundesweiten Geldsammlern mit hohen Prozentversprechen zu
       folgen.
       
       12 Jan 2014
       
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