# taz.de -- Kommentar Ende des Gefahrengebiets: Sieg oder Niederlage?
> Es ist keine gute Idee, die Polizei selbst über ihre Befugnisse
> entscheiden zu lassen. Denn sie neigt dazu, ihre eigenen Interessen über
> die der Allgemeinheit zu stellen.
IMG Bild: Gefährliches Hamburg: Vorne das Dach der Roten Flora
Das größte Gefahrengebiet aller Zeiten wird als Lachnummer in Geschichte
eingehen. Als die Hamburger Polizei vollmundig verkündete, sich in einem
Gebiet mit der Einwohnerzahl einer mittleren Stadt „unbefristet“
Sonderbefugnisse einzuräumen, hätten selbst Optimisten nicht gedacht, dass
sie nach gerade mal sechs Tagen den Schwanz einziehen würde.
Ist das nun eine schmachvolle Niederlage – respektive der strahlende Sieg,
als den die radikale Linke ihn feiern wird? Die Behauptung der Polizei, das
Gefahrengebiet habe seinen Zweck erfüllt, gehört jedenfalls in die
Abteilung plumpe Propaganda. Es seien zuletzt weniger „potenzielle
Gewalttäter angetroffen“ und gefährliche Gegenstände sichergestellt worden,
heißt es da. Um dieser Darstellung zu folgen, muss man schon sehr auf die
seherischen Qualitäten der Beamten vertrauen – und sich ihrer Einschätzung
anschließen, wonach Klobürsten gefährlich sind.
Tatsächlich sind seit Ausrufung des Gefahrengebiets die Proteste nicht
abgerissen. Immer wieder kam es dabei auch zu kleineren Scharmützeln.
Polizei und Anwohner sind einander ein paar Tage lang gehörig auf die
Nerven gegangen. Der einzige „Erfolg“ der Polizei ist, dass sie
Ausschreitungen im Zaum gehalten hat – die es ohne sie nicht gegeben hätte.
Warum das Gefahrengebiet dann [1][auf drei Gefahren-Inselchen eingedampft]
wird? Die Polizei hat sich in mehrerlei Hinsicht verhoben: Wohl kaum jemand
hat darunter so sehr gelitten wie die Beamten selbst. Sie haben in der
vergangenen Woche wieder einmal tausende Überstunden angehäuft. Das wäre
wohl kaum wesentlich länger durchzuhalten gewesen. Und dann beginnt auch
noch die Wirtschaft zu murren: Der Hotel- und Gaststättenverband witterte
Stornierungen, die USA warnen – Schlagzeilen, die man sich im Rathaus nicht
so wünscht.
Nicht zuletzt geriet auch die Innenbehörde in die Defensive, was die
Begründung angeht: Seit die Polizei ihre Darstellung des Angriffs auf die
Davidwache in zentralen Punkten revidieren musste, steht sie im Verdacht,
die Fakten aus taktischen Gründen frisiert zu haben. Bislang hat sie noch
nicht einen einzigen Beweis dafür gebracht, dass ein konzertierter Angriff
auf die Wache überhaupt stattgefunden hat. Daran zweifelt inzwischen sogar
die bürgerliche Presse.
Wenn das Sechs-Tage-Gefahrengebiet etwas beweist, dann, dass es keine gute
Idee ist, die Polizei über ihre eigenen Befugnisse entscheiden zu lassen:
Sie neigt dazu, ihre eigenen Interessen über die der Stadt zu stellen. Das
ist eine Fehlkonstruktion im Hamburger Polizeigesetz. Sie gehört dringend
korrigiert. Ein guter Prüfstein für Koalitionsverhandlungen nach der
nächsten Wahl.
9 Jan 2014
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## AUTOREN
DIR Jan Kahlcke
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