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       # taz.de -- Rekordarbeitslosigkeit und Eigenlob: Realität und Fiktion in Athen
       
       > Griechenland will die Troika-Vorgaben umsetzen und kritisiert den IWF.
       > Privatisierungen scheitern an Gerichten, die Arbeitslosigkeit steigt, die
       > Selbstzufriedenheit auch.
       
   IMG Bild: Realität als Fiktion: Akropolis in Athen
       
       ATHEN rtr | Zum Auftakt seiner Ratspräsidentschaft in der EU sorgt
       Griechenland für eine neue Hiobsbotschaft zur Konjunktur: Die
       Arbeitslosigkeit in dem Euro-Krisenstaat stieg im Oktober auf 27,8 Prozent
       und erreichte ein neues Rekordhoch, wie das Statistikamt Elstat am
       Donnerstag mitteilte. In der Euro-Zone lag die Quote mit 12,1 Prozent im
       Oktober nicht einmal halb so hoch.
       
       Dies zeigt, dass die griechische Wirtschaft immer noch stark unter dem
       langfristig angelegten Sparkurs leidet. Das hoch verschuldete Land hängt
       seit 2010 am Finanztropf seiner Euro-Partner und des Internationalen
       Währungsfonds (IWF). Es wird mit Hilfszusagen über insgesamt 240 Milliarden
       Euro gestützt und muss als Gegenleistung Reformen umsetzen.
       
       Eine der diktierten Bedingungen ist der Verkauf von Staatsbesitz. Die
       Privatisierungsziele für 2013 wird das Land nach dem Einspruch eines
       Gerichts gegen den Verkauf von Staatsbesitz jedoch verfehlen. Wie am
       Mittwoch aus Kreisen der zuständigen Behörde HRADF verlautete, blockierte
       das Gericht die Veräußerung von 28 Einzelwerten im erwarteten Gesamtwert
       von 261 Millionen Euro wegen „technischer Fragen“.
       
       Die HRADF kündigte Widerspruch an und zeigte sich überzeugt, das Problem
       bald aus der Welt schaffen zu können. Damit hat Griechenland 2013 nach
       offiziellen Angaben 960 Millionen Euro durch Verstaatlichungen eingenommen.
       Angepeilt waren 1,3 Milliarden Euro.
       
       ## Deutsches Finanzministerium lobt IWF
       
       Kritik aus Griechenland an der Rolle des Internationalen Währungsfonds
       (IWF) wies das Bundesfinanzministerium am Donnerstag zurück. „Der IWF hat
       eine jahrzehntelange Expertise, Länder bei Strukturreformen und der
       Konsolidierung ihrer Haushalte zu unterstützen“, erklärte das
       Bundesfinanzministerium am Donnerstag auf Anfrage.
       
       Die Zusammenarbeit von EU-Kommission, Europäischer Zentralbank (EZB) und
       IWF in der sogenannten Troika habe sich bewährt. Das Ministerium reagierte
       damit auf einen Bericht der Süddeutschen Zeitung, wonach die griechische
       Regierung den IWF nicht mehr als aktiven Teil der Troika sehen möchte. „Der
       Weltwährungsfonds im Herzen Europas ist ein Problem“, wird der griechische
       Vize-Regierungschef Evangelos Venizelos zitiert. Weiterhin kritisierte er
       in einem Zeitungsinterview die Troika und beklagte deren fehlende
       demokratische Kontrolle durch das Europa-Parlament.
       
       Aus Anlass der griechischen Ratspräsidentschaft zog Finanzminister Yannis
       Stournaras am Mittwoch in Athen eine Zwischenbilanz: „Kein anderes Land hat
       in Friedenszeiten so viel erreicht wie Griechenland seit 2009 erreicht
       hat“, sagte er. Für 2014 setzt die Regierung in Athen nach sechs
       Rezessionsjahren wieder auf ein leichtes Wirtschaftswachstum. Die
       EU-Kommission sagt ein Plus von 0,6 Prozent voraus. Die Industrie kommt
       allerdings vorerst kaum auf die Beine. Denn die Betriebe produzierten im
       November 6,1 Prozent weniger als im Vergleich zum Vorjahresmonat.
       
       9 Jan 2014
       
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