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       # taz.de -- Tennisstadion droht Abriss: Ende mit Bumm Bumm
       
       > Der sichtbarste Auswuchs des deutschen Tennisbooms am Hamburger
       > Rothenbaum könnte 30 Jahre nach Boris Beckers Matchball von Wimbledon
       > geschleift werden.
       
   IMG Bild: Muss womöglich dem Hockey weichen: Tennisstadion am Rothenbaum.
       
       HAMBURG taz | Immer wenn irgendwo auf der Welt anlässlich eines sportlichen
       Großereignisses neue teure Stadien entstehen, taucht hierzulande die
       besorgte Frage auf: „Und was wird später aus denen?“ Das war bei der
       Fußballweltmeisterschaft in Südafrika so und wird auch bei der WM in Katar
       wieder so sein.
       
       Als der Deutsche Tennisbund (DTB) das ihm gehörende Tennisstadion am
       Rothenbaum 1997 auf 13.200 Plätze erweiterte und ein mobiles Faltdach
       draufsetzte, sorgten die Anwohner in Hamburgs teuerstem Statteil
       Harvestehude zwar dafür, dass die Anlage nur drei Wochen im Jahr für
       Großereignisse genutzt werden darf, sportpolitische und wirtschaftliche
       Bedenken bügelten die Nutznießer aber mit der üblichen Standortrhetorik
       weg.
       
       Nun droht dem „Ufo vom Rothenbaum“ (Hamburger Abendblatt) 16 Jahre nach
       seiner Eröffnung schon wieder der Abriss. Laut NDR plant der Club an der
       Alster, der die Nutzungsrechte für das 30.000 Quadratmeter große städtische
       Gelände zwischen Hallerstraße und Hansastraße besitzt, dort ein
       kombiniertes Hockey- und Tennisstadion für 2.000 Zuschauer zu errichten.
       Der zuständige Bezirksamtsleiter Torsten Sevecke findet die Pläne
       hochinteressant. „Die geplante Mehrfachnutzung der Anlage passt
       hervorragend nach Eimsbüttel“, sagte er.
       
       Zum Zeitpunkt des letzten Ausbaus beherbergte die Anlage noch eines der
       wichtigsten Tennisturniere der Welt. Die German Open wurden 1999 mit neun
       anderen Turnieren in die neu gegründete Masters Series aufgenommen.
       National zeichnete sich ein Ende des Tennisbooms zwar bereits ab, dessen
       Protagonisten Boris Becker, Michael Stich und Steffi Graf traten Ende der
       90er Jahre allesamt ab. Das Turnier am Rothenbaum lockte aber durch seinen
       Topstatus noch weitere zehn Jahre lang Weltklassespieler wie Roger Federer
       und Rafael Nadal sowie deren Fans nach Hamburg.
       
       Noch 2001 fühlte sich der DTB, der seit 1989 seinen Sitz auf der Anlage
       hat, so stark, dass er dem Senat mit einer Abwanderung des Turniers drohte,
       falls er nicht einem weiteren Ausbau zustimmen würde. Die Welt schrieb
       damals, der damalige DTB-Präsident von Waldenfels habe seine mit dem
       Hinweis auf die zusätzlichen Steuereinnahmen durch das Tennis-Event
       vorgebrachte Ausbauforderung mit der vom Senat durchgesetzten Zuschüttung
       des Mühlenberger Lochs zugunsten von Airbus verglichen.
       
       Dabei befand sich der DTB schon damals in einer existenzgefährdenden
       Finanzkrise. Schon 2005 konnte das Turnier nur noch durch die Beteiligung
       des Tennisverbandes von Katar durchgeführt werden, bevor es 2009 von der
       Profiorganisation ATP zu einem drittklassigen Ereignis herabgestuft wurde.
       Turnierdirektor Michael Stich ist seitdem gezwungen, Teile der Tribüne
       abzuhängen, damit das Stadion nicht so leer aussieht.
       
       Der Verband kann sich zurzeit weder die nötigte Sanierung der
       Dachkonstruktion noch den Abriss des zu groß gewordenen Stadions leisten.
       Bereits vor fünf Jahren musste er das 1988 erworbene Erbbaurecht auf dem
       Gelände für 1,15 Millionen Euro an den Club an der Alster verkaufen.
       
       Der traditionsreiche Hockey- und Tennisclub hat hier seit 1932 seinen
       Hauptsitz, den er nach und nach mit Clubheim, Mehrzweckhalle und
       Freiluftplätzen ausgestattet hat. Dazu kommt seine Hockey-Anlage in
       Hamburg-Wellingsbüttel, wo die Damen und Herren ihre Spiele in der
       Feldhockey-Bundesliga austragen. Um die Kosten des Umbaus der Anlage in
       geschätzter zweistelliger Millionenhöhe zu bewältigen, wird sich der Club
       wohl von Teilen seines Wellingsbütteler Besitzes trennen.
       
       Alles hängt nun wohl an der Zustimmung des DTB, da auch Turnierdirektor
       Michael Stich offenbar keine Einwände hat. Das verkleinerte Stadion soll
       für das immer noch wichtigste deutsche Tennisturnier auf die von der ATP
       verlangte Zahl von 7.500 Plätzen aufgerüstet werden können. Noch im Januar
       wollen sich die Parteien zusammensetzen.
       
       „Vielleicht können wir 2015 anfangen“, sagt Torben Todsen, Präsident des
       Clubs an der Alster. „Toll wäre es, wenn wir 2019 fertig werden“ –
       pünktlich zum hundertsten Geburtstag des Clubs. Vielleicht besitzen die
       neuen Eigentümer ja den Humor, das Stadion von Boris Becker eröffnen zu
       lassen. Der kann die Gage gut gebrauchen.
       
       5 Jan 2014
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Ralf Lorenzen
       
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