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       # taz.de -- Pofallas möglicher Wechsel zur DB: Vom Kanzleramt zum Lobbyisten
       
       > Der Ex-Kanzleramtsminister Ronald Pofalla ist als künftiger Bahn-Manager
       > im Gespräch. So ein Seitenwechsel erregt die Gemüter. Viele fordern eine
       > Karenzzeit.
       
   IMG Bild: Eine der (unbeantworteten) Fragen: Was wird aus Ronald Pofallas Abgeordnetenmandat?
       
       BERLIN dpa/afp | Die Diskussion über den möglichen Vorstandsposten bei der
       Deutschen Bahn für den früheren Kanzleramtsminister Ronald Pofalla (CDU)
       zieht immer größere Kreise. Die Opposition aus Linken und Grünen im
       Bundestag äußerte sich empört. Heftige Kritik kam von der
       Anti-Korruptionsorganisation Transparency. Die Internet-Plattform
       abgeordneten-watch.de forderte Pofalla auf, den Vorstandsposten [1][nicht
       anzunehmen].
       
       Pofalla ist nach dpa-Informationen für den Vorstand der bundeseigenen Bahn
       im Gespräch. Wie die Saarbrücker Zeitung (Freitag) berichtet, soll der
       54-Jährige ein [2][neues Ressort] für die langfristige
       Unternehmensstrategie und Kontakte zur Politik übernehmen.
       
       Erst Mitte Dezember war bei der Bildung der neuen schwarz-roten
       Bundesregierung überraschend Pofallas Rückzug aus der ersten Reihe der
       Bundespolitik bekanntgeworden. Über den Vertrauten von Kanzlerin Angela
       Merkel (CDU) hatte es geheißen, er wolle nach einer Auszeit in die
       Wirtschaft wechseln und auch mehr Zeit für sein Privatleben haben. Der
       Jurist war zuvor CDU-Generalsekretär. Er sitzt seit 1990 im Bundestag, sein
       Mandat hat er behalten.
       
       Ein [3][Bahn-Sprecher] sagte auf Anfrage am Donnerstag dazu lediglich: „Zu
       Personalspekulationen aller Art nehmen wir keine Stellung.“
       
       Im November war schon der Staatsminister im Kanzleramt, Eckart von Klaeden
       (CDU), in die Wirtschaft gewechselt. Der 48-Jährige ging als Leiter der
       Abteilung Politik und Außenbeziehungen zum Autokonzern Daimler. Das löste
       heftige Kritik aus.
       
       Transparency Deutschland sprach von einem [4][Verfall politischer Sitten].
       Pofalla werde sein Bundestagsmandat zurückgeben müssen, sagte der
       Geschäftsführer Christian Humborg dem Kölner Stadt-Anzeiger (Freitag). Auch
       abgeordneten-watch.de warf die Frage auf, wie Pofalla einen
       Vorstandsposten, der mit über einer Million Euro dotiert sei, mit seinem
       Abgeordnetenmandat vereinbaren wolle.
       
       ## Heftige Kritik der Grünen und Linken
       
       Ulrich Kelber (SPD), Parlamentarischer Staatssekretär im
       Bundesjustizministerium, sagte der Passauer Neuen Presse (Freitag): „Da
       entsteht der Eindruck, dass der bisherige Kanzleramtsminister gezielt
       gekauft wird.“ Schließlich sei Pofalla „nicht als Technikvorstand“ im
       Gespräch.
       
       Britta Haßelmann, Parlamentarische Geschäftsführerin der
       Grünen-Bundestagsfraktion, sagte dem Blatt: „Wenn Pofalla tatsächlich in
       den Vorstand der DB AG in ein eigens für ihn geschaffenes Ressort wechseln
       wird, hat das nicht nur ein Geschmäckle, sondern ist das empörend.“ Sie
       kritisierte: „Es kann nicht sein, dass es einen nahtlosen Rollenwechsel vom
       gerade noch Kanzleramtsminister zum Lobbyisten eines Konzerns gibt.“ Der
       Fall unterstreiche die Forderung der Grünen nach einer Karenzzeit für
       Regierungsmitglieder, die in die Wirtschaft oder in Verbände wechseln
       wollten.
       
       Der Vizechef der Grünen-Bundestagsfraktion, Konstantin von Notz, sagte dem
       Portal Handelsblatt Online, für derlei Fälle müssten Karenzfristen
       existieren, „die einen unmittelbaren Wechsel aus Regierungsverantwortung in
       eine Führungsposition in der Wirtschaft verhindern“. Anderenfalls werde
       unausweichlich der [5][Anschein von Vetternwirtschaft] entstehen, was
       schlecht für Wirtschaft und Politik sei.
       
       Auch Linke-Chefin Katja Kipping forderte der Zeitung zufolge eine
       gesetzliche Regelung für Politiker-Wechsel in die Wirtschaft. „Wir brauchen
       eine fünfjährige Karenzzeit für Regierungsmitglieder, in der Wechsel auf
       Spitzenposten in der Wirtschaft verboten sind.“
       
       Der Vizechef der Linksfraktion im Bundestag, Klaus Ernst, sagte der
       Berliner Zeitung, ein solcher Wechsel rieche nach „[6][Postenschieberei]“.
       Es gehe „offenkundig Parteibuch vor Qualifikation“. „Der Bund ist
       Alleinaktionär der Bahn, das ist eine Versetzung zu Lasten der Steuerzahler
       und Bahnkunden, diese Personalie muss im Bundestag Thema werden“, sagte
       Ernst.
       
       Transparency International forderte die große Koalition aus Union und SPD
       auf, einen Wechsel Pofallas zu unterbinden. Die SPD habe vor der
       Bundestagswahl eine Karenzzeit für scheidende Regierungsmitglieder von 18
       Monaten gefordert, sagte Transparency-Deutschland-Geschäftsführer Christian
       Humborg der Neuen Osnabrücker Zeitung. Daran müsse sich „die SPD nun messen
       lassen“.
       
       ## Die DB hatte früher schon ein solches Ressort
       
       Bei der Bahn ist der Aufsichtsrat für Vorstandsfragen zuständig. Zur
       nächsten regulären Sitzung kommt das Kontrollgremium Ende März zusammen.
       Das Bundesverkehrsministerium äußerte sich auf Anfrage am Donnerstag nicht
       zu der Angelegenheit.
       
       Um politische Beziehungen kümmert sich für die Bahn bisher der ehemalige
       CDU-Bundestagsabgeordnete Georg Brunnhuber, und zwar als Beauftragter des
       Vorstands. Auch bei der EU in Brüssel tritt der Konzern für seine
       Interessen ein. Ein eigenes Vorstandsressort für Politik und Wirtschaft
       hatte es bei der Bahn schon bis 2009 gegeben. Damals war der frühere
       bayerische Wirtschaftsminister Otto Wiesheu (CSU) auf den Posten geholt
       worden.
       
       3 Jan 2014
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] http://beta.abgeordnetenwatch.de/ueber-uns/presse/pressemitteilungen/2014-01-02/abgeordnetenwatchde-ronald-pofalla-sollte
   DIR [2] http://www.saarbruecker-zeitung.de/aufmacher/berliner_buero/art182516,5080750
   DIR [3] /Ex-Kanzleramtsminister-hat-neuen-Job/!130273/
   DIR [4] http://www.ksta.de/wirtschaft/kritik-von-transparency-pofalla-wechselt-zur-deutschen-bahn,15187248,25774618.html
   DIR [5] http://www.handelsblatt.com/politik/deutschland/ex-kanzleramtsminister-beispiel-fuer-den-verfall-politischer-sitten/9279630-2.html
   DIR [6] http://www.berliner-zeitung.de/politik/lobby-arbeit-merkel-intimus-pofalla-geht-zur-bahn,10808018,25776862.html
       
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