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       # taz.de -- Streit ums Fracking: Initiativen machen Druck
       
       > Umweltschützer verübeln Schleswig-Holsteins Umweltminister Robert Habeck,
       > dass er das niedersächsische Bergamt für die Gasförderung zuständig
       > gemacht hat.
       
   IMG Bild: Fertigmachen zum Gas-Zapfen: Ein Bohrmeister bereitet das Bohrgestänge vor.
       
       HAMBURG taz | Er habe eine Chance im Kampf gegen das Fracking verschenkt:
       Das wirft der Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz (BBU) dem
       schleswig-holsteinischen Umweltminister Robert Habeck (Grüne) vor. Dieser
       hatte im Dezember bestätigt, dass das niedersächsische Landesamt für
       Bergbau, Energie und Geologie (LBEG) auch für Schleswig-Holstein zuständig
       sei. Mit dieser Verordnung habe er einer „höchst umstrittenen“ Behörde „die
       zentrale Kompetenz für Fracking-Entscheidungen zugewiesen“, kritisiert der
       BBU.
       
       Per Fracking soll Erdgas, das in Gestein festsitzt, gefördert werden. Die
       Methode könnte große zusätzliche Gasvorkommen erschließen und hat in den
       USA zu einem Förderboom geführt. Wie bei allen Bodenschätzen brauchen
       Firmen, die hierzulande danach bohren wollen, eine Erlaubnis nach dem
       Bundesbergrecht. Das entsprechende Verfahren wickelt das in
       Clausthal-Zellerfeld ansässige LBEG auf der Basis eines
       Verwaltungsabkommens aus dem Jahr 1989 ab.
       
       Ein Gutachten des wissenschaftlichen Dienstes des schleswig-holsteinischen
       Landtags, das die Kieler Piraten-Fraktion in Auftrag gegeben hatte, war im
       November zu dem Schluss gekommen, das LBEG sei nicht für die Suche nach
       Bodenschätzen in Schleswig-Holstein zuständig – trotz dieses Abkommens. Die
       vom Landesamt erteilten Erlaubnisse seien „anfechtbar, soweit sie noch
       nicht bestandskräftig geworden sind“, schrieben die Wissenschaftler.
       
       ## Wenig Gegenliebe
       
       Habeck sah das anders: Der LBEG sei der Rechtsnachfolger früherer
       Bergbehörden. „Auch eine andere Behörde, wie immer sie auch heißen sollte,
       hätte genauso entscheiden müssen“, kommentierte er Anfang November. Ein
       paar Wochen später legte er nach:
       
       Mit der Änderung der Verordnung stellte er „explizit klar“, dass das LBEG
       für den Bergbau in Schleswig-Holstein zuständig sei. Eine ähnliche
       Regelung, um Rechtsklarheit zu schaffen, plant der SPD-geführte Senat in
       Hamburg. Auch dort stößt die Fördermethode Fracking auf wenig Gegenliebe.
       
       „Der Umweltminister hätte die einzigartige Möglichkeit gehabt, sich des
       LBEG zu entledigen und eine eigene Behörde in Schleswig-Holstein
       aufzubauen“, kritisiert Oliver Kausch vom Geschäftsführenden Vorstand des
       BBU mit Blick auf die Kieler Landesregierung. Die neue Behörde hätte so
       strukturiert werden können, dass sie das Vertrauen der Bevölkerung genösse.
       
       Stattdessen habe Habeck die Position des LBEG gestärkt – und den
       Gaskonzernen einen großen Dienst erwiesen. Diese könnten „sich darauf
       verlassen, dass ihnen bei ihren Anträgen, die Voraussetzung für Fracking
       sind, auch weiter keine Steine in den Weg gelegt werden“, befürchtet der
       BBU.
       
       Jüngstes Beispiel für Habecks nachgiebige Haltung seien die Konzessionen
       für Erdöl und Erdgas, die das LBEG im Dezember vergeben habe. Die
       Antragsteller steckten sich damit Claims für eine mögliche künftige
       Förderung ab. Bei Gettorf, Sterup und Elmshorn erhielten sie jeweils eine
       Aufsuchungserlaubnis. Das heißt: Die Firmen dürfen auf dem jeweiligen Feld
       nach Rohstoffen suchen. Für das Feld Warnau sprach das LBEG eine
       Bewilligung aus, das heißt, hier dürfte das Unternehmen im Prinzip fördern.
       
       ## Amt „unter Kontrolle“
       
       Das LBEG sei unter Kontrolle, versichert Nicola Kabel, die Sprecherin des
       schleswig-holsteinischen Umweltministeriums. Schließlich unterliege es der
       Fachaufsicht des Umweltministeriums. Ein Unternehmen, das alle
       Genehmigungsvoraussetzungen erfülle, habe jedoch einen rechtlichen Anspruch
       darauf, dass ihm eine Aufsuchungserlaubnis oder Bewilligung erteilt werde.
       
       Damit sei noch keineswegs die Erlaubnis verbunden, tatsächlich zu bohren
       oder gar zu fracken, führt Kabel aus: „Eine Aufsuchungserlaubnis
       präjudiziert nicht die Erlaubnis eines Betriebsplans.“ Wer tatsächlich
       bohren oder fracken wolle, müsse sich das vom Ministerium absegnen lassen.
       
       Umwelt- und Energieminister Habeck sei jedoch keineswegs gewillt das zu
       tun, sagt Kabel. Im Gegenteil: Im neuen Landesentwicklungsplan werde die
       Koalition aus SPD, Grünen und SSW Ziele setzen, die Fracking mit Hilfen
       giftiger Stoffe für drei Jahre verhinderten. Habecks Position sei: „Danach
       brauchen wir eine bundesgesetzliche Regelung.“ Nur eine solche könne auf
       Dauer ausschließen, dass in Deutschland gefrackt werde. Ein entsprechender
       Antrag des Landes liegt seit Mai dem Bundesrat vor.
       
       Die Kieler Landesregierung wolle kein Fracking und habe sich deshalb für
       ein bundesweites Verbot dieser Fördertechnik starkgemacht, sagt Kabel. „Wir
       sind uns ja einig im Ziel mit den Bürgerinitiativen.“
       
       2 Jan 2014
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Gernot Knödler
       
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