# taz.de -- Kommentar CSU und Arbeitsmigration: Nicht ohne mein Vorurteil
> Fremdenfeindlichkeit ist ihr liebstes Politikrezept: Die CSU stellt die
> Inanspruchnahme von Sozialleistungen durch EU-Bürger auf eine Stufe mit
> Betrug.
IMG Bild: Don't destroy my Vorurteil!
Bis zum Neujahrstag sind Rumänen und Bulgaren EU-Bürger zweiter Klasse.
Während alle anderen leben und arbeiten konnten, wo sie wollten, durften
Rumänen und Bulgaren das bislang ohne weiteres nur, wenn sie den
Gastländern besonders nützen.
In Deutschland gibt es dafür Positivlisten mit Mangelberufen. Wessen
Qualifikation gebraucht wird, der wird mit Slogans wie „Make it in Germany“
aktiv angeworben.
Viele Fachkräfte kamen diesen Angeboten nach. Deutschland hat von ihnen
profitiert. Dass deshalb in einer Reihe osteuropäischer Länder mittlerweile
Ärzte und Pflegekräfte fehlen, interessiert hier keinen. Man kann dies als
Braindrain geißeln, aber es ist das gute Recht der Migranten, dorthin zu
gehen, wo sie die besten Aussichten für sich sehen.
Jetzt fällt die diskriminierende „Freizügigkeitsbeschränkung“ weg. Ab
sofort können sich alle Rumänen und Bulgaren EU-weit bewegen, wie sie
möchten – egal ob Chirurg oder ungelernt. Da wäre es an der Zeit, etwas
zurückzugeben und Migranten aus diesen Ländern die Möglichkeit zu geben,
sich in Deutschland ausbilden zu lassen. Wenn sie sich danach entscheiden,
zurück in ihre Heimat zu ziehen – wie es oft geschieht, wenn die
wirtschaftliche Lage sich bessert –, fair enough. Wenn sie bleiben: auch
gut.
## Diffamierung als „Armutszuwanderer“
Denn Deutschland kann froh sein um jeden, der kommt. Die demografische
Schwindsucht in Kombination mit Arbeitskräftemangel – gerade die Union, die
dem Wirtschaftswachstum sonst alles andere unterordnet, müsste zu den
größten Zuwanderungsbefürwortern gehören. Das Gegenteil ist der Fall.
Die CSU spricht von „Freizügigkeitsmissbrauch“ und stellt die völlig legale
Inanspruchnahme von Sozialleistungen durch EU-Bürger auf eine Stufe mit
Betrug. Sie diffamiert Rumänen und Bulgaren als „Armutszuwanderer“ – und
spielt dabei zielgerichtet mit den verbreiteten Vorurteilen gegen Roma.
Mit rationalen Überlegungen hat das nichts zu tun. Aufs Ganze gesehen sind
die Migranten aus diesen beiden Ländern, die bislang für eine begrenzte
Frist kommen konnten, keineswegs besonders oft auf Sozialleistungen
angewiesen. Dass die CSU trotzdem alles daransetzt, damit Rumänen und
Bulgaren auch künftig Europäer zweiter Klasse bleiben, zeigt nur: Sie kann
einfach nicht ohne. Fremdenfeindlichkeit ist ihr liebstes Politikrezept.
29 Dec 2013
## AUTOREN
DIR Christian Jakob
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