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       # taz.de -- Kabinettsumbildung in der Türkei: „Dreckiges Komplott gegen Regierung“
       
       > Im Korruptionsskandal wächst der Druck auf Erdogan weiter. Nun hat der
       > Ministerpräsident fast die Hälfte des Kabinetts neu besetzt.
       
   IMG Bild: Kemal Atatürk (l.) wäre wohl kein Freund von Erdogans Politik
       
       ISTANBUL dpa | Die Ministerrücktritte im Korruptionsskandal in der Türkei
       haben Regierungschef Recep Tayyip Erdogan zur Umbildung seines Kabinetts
       gezwungen. Zehn der 26 Kabinettsposten wurden neu besetzt, wie die
       Nachrichtenagentur Anadolu am Mittwochabend meldete.
       
       Seinen Posten verlor auch der bisherige EU-Minister Egemen Bagis. Er war
       der einzige von vier unter Korruptionsverdacht stehenden Ministern, der
       nicht selber zurückgetreten war. Bagis hatte bei den Gezi-Protesten im
       Sommer mit Kritik an Bundeskanzlerin Angela Merkel die deutsch-türkischen
       Beziehungen belastet.
       
       Der Wirtschafts-, der Innen- und der Umweltminister hatten am Mittwoch ihre
       Rücktritte erklärt. Umweltminister Erdogan Bayraktar hatte
       Ministerpräsident Erdogan dazu aufgefordert, sein Amt ebenfalls
       niederzulegen. Die Söhne des bisherigen Wirtschafts- und des bisherigen
       Innenministers sitzen in Untersuchungshaft. Der Sohn des bisherigen
       Umweltministers wurde nach seiner Festnahme am 17. Dezember unter Auflagen
       freigelassen.
       
       Der Korruptionsskandal erschüttert die Türkei seit mehr als einer Woche.
       Bei den Ermittlungen geht es unter anderem darum, ob gegen Zahlung von
       Schmiergeld Sanktionen gegen den Iran unterlaufen und illegale
       Baugenehmigungen erteilt wurden. Erdogan hat die Ermittlungen als „dreckige
       Operation“ gegen seine Regierung mit Hintermännern im In- und Ausland
       bezeichnet.
       
       ## Zum Rückzug gedrängt
       
       Umwelt- und Stadtentwicklungsminister Erdogan Bayraktar hatte am Mittwoch
       im Sender ntv seinen Rücktritt erklärt. Bayraktar sagte, er sei zum
       Rücktritt gedrängt worden, und forderte Ministerpräsident Erdogan dazu auf,
       sein Amt ebenfalls niederzulegen. Wirtschaftsminister Zafer Caglayan teilte
       laut Anadolu mit, die Korruptionsermittlungen seien „ein dreckiges Komplott
       gegen unsere Regierung, unsere Partei und unser Land“. Innenminister
       Muammer Güler sagte Anadolu, er habe schriftlich seinen Rücktritt
       eingereicht.
       
       Nach Großrazzien und den Festnahmen Dutzender Verdächtiger am Dienstag
       vergangener Woche hatte die Regierung zahlreiche ranghohe Polizisten des
       Amtes entheben lassen, darunter den Polizeichef von Istanbul. Die
       Erdogan-kritische Zeitung Today's Zaman berichtete am Mittwoch, in Istanbul
       seien 400 weitere mit den Ermittlungen befasste Polizisten versetzt worden.
       Damit seien seit den Großrazzien landesweit mehr als 500 Polizisten ihrer
       Posten enthoben worden.
       
       Die Regierung hatte außerdem verfügt, dass Vorgesetzte künftig über
       Ermittlungen informiert werden müssen. Die Regierung hatte von den
       Korruptionsermittlungen bis zuletzt nichts gewusst. Journalisten wurde
       inzwischen der Zutritt zu Polizeidienststellen untersagt.
       Regierungskritische Medien werteten die Versetzungen als Versuch der
       Regierung, die Ermittlungen zu behindern.
       
       26 Dec 2013
       
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