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       # taz.de -- Kolumne Blicke: Ein Fest der käuflichen Liebe
       
       > Auch „Zeit“-Kolumnist Harald Martenstein möchte auf seine alten Tage
       > endlich mal in den Puff – Weihnachten hin oder her.
       
   IMG Bild: Junge Nikoläuse müssen nicht bezahlen - Martensteine schon.
       
       Das Jahr, es pendelt aus wie ein schlaffes Gemächt, spätestens seit mit
       Harald Martensteins Outing in seiner Zeit-Kolumne vom 28. November nun auch
       die Prostitutionsdebatte ihr absehbares Ende gefunden hat.
       
       Denn was immer man gegen Harald Martenstein sagen mag, er ist jedenfalls
       das Sprachrohr für das, was deutsche Menschen ab 3.000 Euro
       Nettohaushaltseinkommen guten Gewissens ihr gutes Recht nennen wollen. Und
       ganz wie den Wohlgesinnten, die er vertritt, genügt es Martenstein nicht,
       satt und zufrieden zu sein, nein, er möchte gleichzeitig als Rebell gesehen
       werden.
       
       Wenn Martenstein sich traut, den Puffgänger rauszulassen, dann hat der
       deutsche Mittelbau seinen Rechtsfrieden mit der Prostitution gemacht. Dann
       ist Ficken für Geld so wie Bioessen mit Martensteinsiegel.
       
       Klar, ab und an gibt es Skandale, eine Minderjährige dort, eine
       Totgeprügelte hier, aber so ist es ja bei den Sojasprossen auch. Und wir
       können zur Bescherung übergehen, die … Wie, jetzt? Sie sind enttäuscht? Sie
       möchten gut masochistisch erst die Predigt hören, bevor das Christkind sein
       Glöckchen läutet?
       
       ## Alt, krank, übelriechend
       
       Na gut. Es wäre auch geheuchelt, wenn ich leugnen würde, dass Sie damit bei
       mir ein offenes Adventskalendertürchen einrennen.
       
       Harald Martenstein ist ein Puffgänger. Seine Denkfigur geht so: Wenn ein
       Martenstein "allein wäre und niemanden finden würde, der es" mit ihm tun
       möchte, weil er "zu hässlich" ist - dann würde er nicht seinen Charme
       spielen lassen oder ganz toll Tango tanzen lernen, um seine Hässlichkeit
       vergessen zu machen. So was hat ein deutscher Mann nicht nötig.
       
       Wenn ein Martenstein "ganz übel riecht", dann wäscht er sich nicht oder
       lässt sich hormonell behandeln. Es gibt Menschen, die er dafür bezahlen
       kann, ihn zu ertragen. Und das Schöne: Sie werden immer billiger.
       
       Wenn ein Martenstein eine Krankheit hat, dann geht er nicht zum Arzt, ins
       Krankenhaus oder zur Heilpraktikerin, sondern in das kleine Bordell in
       seiner Straße.
       
       Aber zum Glück, lesen wir zwischen den Zeilen, ist Martenstein nicht
       allein. Und man kann seine Partnerin zu einem so sensiblen, sauberen und
       charmanten Mann nur beglückwünschen.
       
       Offen bleibt, wie Harald Martenstein sich verhalten wird, wenn ebenjene
       Partnerin alt, krank oder ganz übel riechend wird. Wird er seine Liebste
       ermutigen, motivieren, kritisieren, pflegen? Und wird er das tun, bevor er
       in den Puff gegangen ist? Oder danach? Oder stattdessen? Aber was ist dann
       mit seinen berechtigten Bedürfnissen?
       
       Das sind natürlich die falschen Fragen. Denn auch im Falle eines
       Pflegefalls wird ein Martenstein jemanden finden, der für ihn das
       Menschsein übernimmt.
       
       Und sollte in den nächsten Tagen ein ärmliches und erschöpftes Pärchen bei
       ihm an der Tür klopfen, dann kann er einerseits auf die Feiertagsbelegung
       durch Kinder und Enkel verweisen und andererseits dem guten Mann den Rat
       mit auf den Weg geben, dass sich mit seiner schwangeren Frau doch genug
       Geld für Essen und Unterkunft verdienen ließe.
       
       22 Dec 2013
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Ambros Waibel
       
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