URI: 
       # taz.de -- Deutscher Generalleutnant über Afrika: Plädoyer für „präventives Handeln“
       
       > Der Leiter des Bundeswehr-Einsatzführungskommandos, General Fritz,
       > fordert nach seiner Evakuierung aus Südsudan mehr Konfliktprävention.
       
   IMG Bild: SPLA-Sudan in Juba, Südsudan.
       
       taz: Herr General, Sie sind eher ungeplant in Uganda gelandet, da Sie aus
       Südsudan evakuiert wurden. Was ist passiert? 
       
       Hans-Werner Fritz: Mein eigentliches Ziel war, mir zwei Missionen der
       Vereinten Nationen anzusehen: Die UNAMID im Sudan und die UNMISS in
       Südsudan. Kurz nachdem wir am 15. Dezember in der südsudanesischen
       Provinzhauptstadt Malakal eintrafen, brachen die Unruhen in der Hauptstadt
       Juba aus. Am 18. Dezember beschloss der Krisenstab in Berlin, eine
       diplomatische Evakuierung durchzuführen.
       
       Wieso wollten Sie sich ausgerechnet die Missionen in Sudan und Südsudan
       ansehen? 
       
       Weil wir darin einen großen deutschen Anteil an Offizieren haben: 16 in
       UNMISS und zehn in UNAMID. Das sind relativ viele, wenn man bedenkt, dass
       sonst Nationen nur ein oder zwei Offiziere in solche Stäbe abstellen.
       Unsere Offiziere dort sind unter anderem auch für die logistische
       Koordinierung zuständig, also damit auch für Transporte. Das ist eine
       wichtige, aber auch schwierige Aufgabe, vor allem, wenn man die Bedingungen
       in der Regenzeit betrachtet. Dazu gehört, dass man zum Beispiel Trinkwasser
       liefern oder auch Kranke und Verletzte ausfliegt. Unsere Soldaten haben
       speziell in diesem Feld eine hohe Expertise. Grundsätzlich kam es mir
       darauf an, mit den deutschen Soldaten zu sprechen und einen Eindruck zu
       gewinnen, wie die Missionen arbeiten.
       
       Und was ist jetzt Ihr Urteil? 
       
       Ich habe vor Ort mit den zuständigen Vorgesetzten gesprochen und alle haben
       unseren deutschen Beitrag und die qualifizierte Arbeit unserer Offiziere
       gelobt. Beide Missionen finden ja in einem ausgesprochen komplexen und
       komplizierten Umfeld statt. Es kommt darauf an, die Bevölkerung zu
       schützen, beim Staatsaufbau zu helfen und die Qualität der jeweiligen
       Sicherheitskräfte zu verbessern. Ich denke als erstes Fazit, dass beide
       Missionen in der Aufgabenstellung richtig liegen.
       
       Finden Sie es gut, wie die Bundeswehr momentan international aufgestellt
       ist? 
       
       Wir sind mit der Neustruktur der Bundeswehr genau auf dem richtigen Weg.
       Unser Ansatz ist, vom Einsatz her zu denken. Das heißt für uns, zu prüfen:
       Welches Szenario finden wir vor, welche Erfahrungen gewinnen wir daraus und
       was bedeutet das für die Umsetzung in Deutschland? Ich habe selbst bei
       Einsätzen in Afghanistan und auf dem Balkan Erfahrungen gesammelt und
       denke, unser Ansatz ist gut. Aber es gilt natürlich auch immer: Das Bessere
       ist der natürliche Feind des Guten.
       
       Welche Herausforderungen stellen sich für die Bundeswehr zum Beispiel in
       Afrika? 
       
       Nicht zuletzt in Afghanistan haben wir gelernt, dass wir unsere Soldatinnen
       und Soldaten konzentriert für die jeweiligen Besonderheiten des
       Einsatzgebietes fitmachen müssen. In Afghanistan werden sicher andere
       kulturelle Fertigkeiten verlangt als in Südsudan oder Mali. Insofern glaube
       ich, dass wir die Neuausrichtung zu Ende bringen sollten, um sie zu
       gegebener Zeit zu evaluieren.
       
       Es warten lauter neue Einsatzgebiete: das EU-Engagement in Mali und
       Somalia, und die Franzosen hätten gern Unterstützung in der
       Zentralafrikanischen Republik. 
       
       Wir sind in Mali an einer Trainingsmission für die dortigen Streitkräfte
       und in Uganda an einer für die Ausbildung der somalischen Streitkräfte
       beteiligt. Unsere Beteiligung an der Ausbildung der somalischen
       Streitkräfte haben wir derzeit unterbrochen. Wir prüfen vorbehaltlich aller
       politischen Entscheidungen, ob wir im nächsten Jahr Bundeswehrsoldaten nach
       Mogadischu schicken sollen, also nach Somalia selbst. Mogadischu ist kein
       einfaches Pflaster. Es muss sichergestellt werden, dass unsere Soldaten
       dort über ein solides Schutzniveau verfügen und im Fall des Falles gute
       ärztliche Versorgung bekommen. Wenn das gegeben ist, würde ich die
       Empfehlung abgeben, die Mission fortzusetzen. Aber, wie gesagt, dies ist
       eine politische Entscheidung.
       
       Bundeswehr-Engagement hat zwei Konzepte: der präventive Ansatz von
       Trainingsmissionen; der Feuerwehransatz, Konfliktherde zu löschen. Welcher
       wird jetzt mehr Gewicht erhalten? 
       
       Ich persönlich denke, dass die Ausbildungsmissionen in Zukunft mehr Gewicht
       bekommen könnten. Weil ja der Grundsatz gilt, dass wir möglichst präventiv
       handeln wollen. Das heißt, wir wollen denjenigen, die zur
       Konfliktprävention beitragen können, also den nationalen Streitkräften, die
       richtigen Werkzeuge an die Hand geben. Ziel muss es ja auch für uns sein,
       dass die Länder in der Lage sind, ihre eigenen Probleme zu lösen.
       
       Vor zehn Jahren wurde in Deutschland diskutiert, ob man die deutschen
       Interessen am Hindukusch verteidigt. Wie weit reicht denn die deutsche
       Haustür? 
       
       Wir müssen als Europa schon darauf achten, was vor unserer Haustür
       passiert. Dies gilt auch in Afrika. Die Franzosen und die Briten engagieren
       sich auf dem Kontinent traditionell mehr, darin haben sie viel Expertise.
       Ich denke aber, andere europäische Nationen, auch Deutschland, können sich
       dem nicht entziehen. Wir müssen uns mit Afrika beschäftigen, was wir
       bereits tun, weil die Entwicklungen in diesen Ländern auch unsere
       Interessen betreffen können.
       
       In Deutschland sagen viele: Afrika ist weit weg ... 
       
       Wie weit weg ein Land konkret ist, spielt meines Erachtens zunehmend
       weniger eine Rolle. Ich denke, dass die deutschen Sicherheitsinteressen
       nicht in einem Radius von 2.000 oder 5.000 Kilometern um Deutschland herum
       enden. Es kommt vielmehr darauf an, welche Entwicklungen in diesen Ländern
       zu beobachten sind und inwieweit dies unser Leben in Europa beeinflussen
       könnte.
       
       Sie haben jetzt eine neue Chefin, Verteidigungsministerin von der Leyen. 
       
       Für mich gibt‘s da überhaupt nichts zu zucken und zu zögern. Die neue
       Ministerin hat, wie ihre Vorgänger, unsere volle Loyalität. Ich bin sicher,
       dass sie ihre Aufgaben meistern wird. Ich möchte ergänzen, dass wir mit
       Frauen auch in der Truppen ausgezeichnete Erfahrungen gesammelt haben, auch
       in Führungsverwendungen. Ich habe junge Frauen in Gefechtssituationen
       erlebt, da kann ich nur sagen: Hut ab Mädels!
       
       20 Dec 2013
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Simone Schlindwein
       
       ## TAGS
       
   DIR Südsudan
   DIR Bundeswehr
   DIR Afrika
   DIR Bangui
   DIR Bürgerkrieg
   DIR Südsudan
   DIR Südsudan
   DIR Uganda
   DIR Uganda
   DIR Bundeswehr
   DIR Mali
   DIR Mali
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Zentralafrikanische Republik: Europa wagt sich vor
       
       Vor dem Beschluss über einen EU-Militäreinsatz im Bürgerkriegsland am
       Montag mehren sich die europäischen Truppenzusagen. Aber nicht aus
       Deutschland.
       
   DIR Friedensbewegung in Südsudan: „Aufhören, unser Volk zu töten“
       
       Südsudanesen machen gegen die Ausbreitung des Bürgerkriegs in ihrem Land
       mobil. Auch viele Exilanten beteiligen sich an den Aktionen.
       
   DIR Flüchtlingswelle in Südsudan: Schutzlos zu Weihnachten
       
       Hunderttausende könnten vor dem Bürgerkrieg in Südsudan in UN-Basen
       flüchten. Die Sorge ist groß, dass auch sie auf Dauer nicht sicher sind.
       
   DIR Krieg im Südsudan: Ölförderung lahmgelegt
       
       Die Kämpfe im Südsudan erreichen die Ölgebiete. In einer zweiten Provinz
       sagt sich das Militär von der Regierung los. Meuterer beschießen
       US-Flugzeuge.
       
   DIR Bundeswehr in Ostafrika: Umzug ohne Deutsche
       
       Die Soldaten Somalias werden künftig ohne die Hilfe der Bundeswehr
       ausgebildet. Die teilnehmenden deutschen Soldaten verstehen nicht warum.
       
   DIR Bundeswehr bildete Somalier aus: Training in den Tropen
       
       Drei Jahre lang bildete die Bundeswehr somalische Soldaten in Uganda aus.
       Nun zieht die Mission nach Somalia. Die Deutschen dürfen nicht mit.
       
   DIR Zukunft der Bundeswehr: Geisterstadt Schnöggersburg
       
       Hochhäuser, Kirche, U-Bahn – alles Attrappe: In Sachsen-Anhalt entsteht für
       100 Millionen Euro ein virtueller Kriegsschauplatz.
       
   DIR Militäreinsatz in Mali: Deutsche Expertise, ganz diskret
       
       Seit Montag läuft die Ausbildungsmission der Bundeswehr für 30 malische
       Soldaten. Überfällig sagen Experten. In Mali ist der Einsatz kein Thema.
       
   DIR Bundeswehr in Mali: Deutscher Shuttle in Benin
       
       Wenn es laut wird in Benin, ist es die Transall: Deutsche Soldaten sind
       längst in Westafrika. Sie fliegen Eingreiftruppen ins Bürgerkriegsland.