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       # taz.de -- Dirigent für Münchner Philharmonie: Mehr als nur taktlos
       
       > Waleri Gergijew soll Chefdirigent der Münchner Philharmonie werden. Nach
       > einer homofeindlichen Aussage schlägt ihm nun heftige Kritik entgegen.
       
   IMG Bild: Kampagne gegen Waleri Gergijew: In Bayern soll kein Schwulenhasser dirigieren.
       
       Er ist in St. Petersburg, London, Wien, München, New York und Paris zu
       Hause. Mit 23 Jahren gewann Waleri Gergijew den Karajan-Dirigier-Wettbewerb
       in Berlin. Der 60-jährige Stardirigent und Leiter des legendären St.
       Petersburger Mariinski-Theaters, der in der Metropolitan Opera in New York
       sowie die Symphonieorchester von Wien, Chicago, London und Berlin
       dirigiert, soll ab 2015 Chefdirigent der Münchner Philharmoniker werden.
       
       Auch in Deutschland ist er ein gern gesehener Gast. Zumindest bislang. Nach
       einem Interview mit einer niederländischen Zeitung, in dem sich der
       Künstler mit einem Monatseinkommen von einer Million Euro schützend vor
       Russlands homosexuellenfeindliche Gesetze gestellt haben soll, wird der
       Künstler derzeit mit einer Kampagne konfrontiert. Diese will verhindern,
       dass in Bayerns Hauptstadt ein Schwulenfeind dirigieren wird.
       
       Gergijew, Vater von drei Kindern, bestreit die schwulenfeindlichen
       Äußerungen. De Volkskrant habe ihn falsch zitiert. Er habe Homosexualität
       und Pädophilie nicht miteinander gleichgesetzt. Gergijew ist kein Freund
       großer Worte, doch er hat ein Gespür für symbolisches Handeln.
       
       Nur wenige Wochen nach dem terroristischen Überfall auf eine Schule im
       nordossetischen Beslan am 1. September 2004 organisierte der Dirigent in
       London und Moskau Gedächtniskonzerte für die ermordeten Geiseln. Der Ossete
       Gergijew hatte seine Kindheit in der Nähe von Beslan verbracht. Mehrere
       seiner Angehörigen waren bei dem Überfall auf die Schule ums Leben
       gekommen.
       
       Im August 2008 führte Gergijew wenige Tage nach dem Ende des
       georgisch-russischen Krieges um Südossetien in der völlig zerbombten
       Hauptstadt Zchinwali mit dem Orchester des Mariinski-Theaters unter anderem
       die „Leningrader Symphonie“ von Schostakowitsch auf.
       
       Auch wenn Gergijew mit seinen Konzerten für die Opfer von Beslan bei
       Russlands Offiziellen nicht an Beliebtheit gewonnen hat, war der Künstler
       seit Russlands Unabhängigkeit immer loyal zu den Machthabern. Mit
       Gorbatschow, Jelzin und Putin war und ist er befreundet. Auf Kritik des
       Dirigenten an der russischen Elite warten viele Anhänger bisher vergeblich.
       
       19 Dec 2013
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Bernhard Clasen
       
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