# taz.de -- Kommentar Prozess gegen Wulff: Genug gestraft
> Zu Recht hat Wulff sein Amt verloren. Auch gut, dass der Prozess gegen
> ihn wohl ein schnelles Ende findet. Sein Fall war für die Medien eine
> Ersatzbefriedigung.
IMG Bild: Eine Staatsaffäre entpuppt sich als Posse: Christian Wulff am 19.12. im Gerichtssaal.
Freigesprochen ist er offiziell nicht, aber nach dem „Zwischenfazit“ des
Gerichts sieht es so aus, als ob der Prozess gegen Christian Wulff wegen
Vorteilsannahme schneller als geplant beendet wird. Gut so.
Schon viel zu lang haben sich Journalisten und Juristen mit den mehr oder
weniger skandalösen Verfehlungen eines mittelmäßigen Provinzpolitikers
beschäftigt, der im höchsten Amt des Staates überfordert war, dessen Wirken
aber unerheblich bleibt.
Inzwischen ist klar: Wulffs Missetaten waren längst nicht so gravierend,
wie sie zeitweilig dargestellt wurden. Eine scheinbar weltbewegende
Staatsaffäre entpuppt sich als Posse, egal, wie die Richter letztlich die
Annahme von 719,40 Euro bewerten, den einzigen übrig gebliebenen Vorwurf.
Der frühere Bundespräsident ist schon genug gestraft. Er hat Job und
Ansehen verloren, seine politische Karriere ist beendet. Übrigens zu Recht:
Seine glamoursüchtige Kuschelei mit Multimillionären wie Carsten Maschmeyer
und Filmsternchen wie dessen Frau war peinlich, seine Verteidigungsversuche
mitleiderregend ungeschickt und sein verzweifelter Drohanruf beim Bild-Chef
dermaßen dumm, dass er sich für höhere Aufgaben als unfähig erwiesen hat.
Die moralintriefende Aufregung darüber war jedoch maßlos übertrieben. Viele
Medien, auch die taz, ließen sich von einer Stimmung anstecken, in der
selbst das geschenkte Bobbycar des Wulff-Sohns für schlagzeilenwürdig
befunden wurde. Geben wir es zu: Diese Pseudoaufklärung diente auch als
Ersatzbefriedigung für Medienmacher und Konsumenten, denen wirklich
wichtige Themen wie die Eurokrise zu kompliziert und anstrengend sind.
Jetzt wäre wieder Zeit dafür.
Wulff selbst bleibt zu wünschen, dass seine löbliche Haltung zum Islam
länger als sein Oktoberfestbesuch im kollektiven Gedächtnis bleibt.
19 Dec 2013
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DIR Lukas Wallraff
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