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       # taz.de -- Amnestiegesetz in Russland: Putin selektiert
       
       > Das Amnestiegesetz wird nachgebessert. Greenpeace- und
       > Pussy-Riot-Mitglieder können freikommen. Putin-Kritiker Chodorkowskij
       > bleibt jedoch in Haft.
       
   IMG Bild: Fröhliche Spielchen: Vor Olympia in Sotschi möchte Putin das Image Russlands aufpolieren.
       
       MOSKAU taz | Die russische Duma hat das geplante Amnestiegesetz auch auf
       die inhaftierten Greenpeace-Aktivisten ausgedehnt. Am Mittwoch nahm das
       Parlament entsprechende Änderungen in den Text auf, der am Vortag in erster
       Lesung gebilligt worden war.
       
       Präsident Wladimir Putin hatte der Duma das Gnaden-Dekret aus Anlass des
       20-jährigen Bestehens der russischen Verfassung im Dezember vorgelegt. Für
       den Kremlchef ist dieser Gnadenakt die neunte Amnestie seit seinem
       Amtsantritt im Jahr 2000. Ursprünglich war geplant, dass bis zu 25.000
       Inhaftierte auf freien Fuß gesetzt werden sollten. Inzwischen gehen
       Beobachter nur noch von 2.000 Häftlingen aus.
       
       Moskau dürfte mit der Amnestie unmittelbar vor der Eröffnung der
       Olympischen Winterspiele Anfang Februar sein wegen eklatanter
       Rechtsverstöße ramponiertes Image im Westen ein wenig aufpolieren wollen.
       So wird erwartet, dass die zu zwei Jahren Lagerhaft verurteilten beiden
       Frauen der Punk-Band Pussy Riot amnestiert werden. Vor zwei Jahren
       protestierten die Künstlerinnen mit einem Punk-Gebet in der Moskauer
       Christus Erlöser Kirche gegen den politischen Schulterschluss zwischen
       Kirche und Kreml.
       
       Fieberhaft arbeitete die Duma bis zuletzt an dem Gesetz, um sich auch der
       prominenten Gefangenen aus dem Westen rechtzeitig noch zu entledigen. Dazu
       wurde ein zusätzlicher Passus aufgenommen, der eine Begnadigung auch bei
       laufenden Ermittlungen und vor einem rechtskräftigen Urteil erlaubt.
       
       Davon sind vor allem die 30 Aktivisten der Umweltorganisation Greenpeace
       betroffen, die im September bei dem Versuch eine Ölplattform Gazproms in
       der Arktis zu kapern, festgenommen wurden. Zunächst war gegen sie wegen
       Piraterie ermittelt worden. Später besann sich der Kreml und wandelte die
       Anklage in Rowdytum um. Zu einem Gerichtsverfahren war es bislang nicht
       gekommen.
       
       ## Aufklärungsstatistiken aufgebessert
       
       Der Gnadenakt beschränkt sich ansonsten auf Frauen, Rentner, Invaliden und
       sozial schwächere Insassen. Meist solche, die wegen geringfügiger Vergehen
       hinter Gittern landeten. Es sind die in Russland legendären Hühnerdiebe,
       mit denen die Strafverfolgungsbehörden regelmäßig die
       Aufklärungsstatistiken aufzubessern versuchen.
       
       Russlands prominentester Häftling, der Putin-Gegner und Ex-Ölmilliardär
       Michail Chodorkowskij, fällt unterdessen nicht unter den Gnadenakt. Schon
       im Vorfeld wurde das mit einer Amnestie im letzten Jahr begründet, die sich
       ausschließlich auf Wirtschaftvergehen erstreckte. Der Casus Chodorkowski
       war indes bewusst von der Regelung ausgenommen worden. Michail Chodorkowski
       sitzt seit zehn Jahren im Lager, seine Haftstrafe endet im August 2014.
       Inzwischen häufen sich aber Hinweise, wonach der Kreml gegen den
       Ex-Yukos-Chef bereits eine neue Anklage schmiedet.
       
       Auch der Oppositionelle Alexei Nawalny, der im Juli wegen vermeintlicher
       Veruntreuung zu fünf Jahren Lagerhaft auf Bewährung verurteilt worden war,
       bleibt vorbestraft. Ihm entzog die Moskauer Anwaltskammer gerade die
       Anwaltslizenz.
       
       Mit einer Freilassung können dagegen acht Demonstranten rechnen, die am 6.
       Mai 2012 vor der Amtseinführung Wladimir Putins gegen die Rückkehr des
       Kremlchefs protestiert hatten.
       
       19 Dec 2013
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Klaus-Helge Donath
       
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