# taz.de -- Wahlkampf in Ungarn: Zu rechts für Nazis
> Im Frühjahr wird in Ungarn das Parlament gewählt. Erstmals tritt dabei
> eine Partei der Roma-Minderheit an. Außerdem gibt es neue Faschisten.
IMG Bild: Extrem extremistisch: Von der faschistischen Jobbik-Partei gibt es eine rechte Abspaltung.
WIEN taz | Wenige Monate vor den Parlamentswahlen ist die ungarische
Parteienlandschaft um zwei Mitglieder erweitert worden. Am vergangenen
Wochenende erklärte die Ungarische Zigeuner-Partei (Magyarországi Cigány
Párt, MCP), wie sie sich absichtlich politisch inkorrekt nennt, ihre
Teilnahme. Nach eigenen Angaben hat sie rund 5.000 Mitglieder. Allianzen
für die Wahlen will sie nicht eingehen.
Gründungsmitglied und Anführer József Horváth erklärt die Notwendigkeit der
Parteigründung damit, dass die rund 600.000 Roma in Ungarn von keiner der
etablierten Parteien angemessen vertreten werden. Dem stimmt der Soziologe
Ferenc Krémer auf dem linken Meinungsportal Galamus zu: „Ich glaube nicht
daran, dass die bisherigen Regierungen in Ungarn wirklich etwas Handfestes
zur Unterstützung der Roma getan haben. Ohne eigene politische Vertretung
können die Roma niemals gleichberechtigte Staatsbürger werden.“
Tatsächlich leben die meisten Roma in getto-ähnlichen Siedlungen, die oft
nicht an die Wasserversorgung angeschlossen sind. Auf dem Arbeitsmarkt
haben sie kaum Chancen. Deswegen lebt eine überproportionale Anzahl von
staatlicher Sozialhilfe.
Parteisprecher Aladár Horváth klagt, dass sich die Lage der Roma in Ungarn
seit dem Amtsantritt von Viktor Orbán verschlechtert habe. Es gibt zwar ein
Programm gegen die Diskriminierung der Roma, doch „die ethnische und
soziale Diskriminierung hat sich institutionalisiert und ist in
Tageszeitungen allgegenwärtig“.
Eigene Medien haben die Roma nicht. Die Partei soll ihnen mehr Gehör
verschaffen. Horváth hofft, dass die MCP die Fünfprozenthürde schafft.
Allein mit den Stimmen der Roma ist das kaum denkbar. Deswegen appelliert
Horváth an alle Armen: „Aus der Sicht der Regierung ist jeder Arme ein
Zigeuner.“
## Rückeroberung und Antisemitismus
Den Wahlen stellen will sich auch eine neue rechtsextreme Kraft. Nach dem
griechischen Vorbild nennt sie sich Ungarische Morgenröte (Magyar Hajnal).
Die faschistische Jobbik, im Parlament drittgrößte Fraktion, ist für die
Gründungsmitglieder eine Gruppe von Warmduschern. András Kisgergely wurde
wegen Extremismus aus der Jobbik ausgeschlossen.
Er verspricht, dass die neue Partei sich für die Rückeroberung der
„ungarischen Territorien“ einsetzen wird. Ungarn hat nach dem Ersten
Weltkrieg durch den Friedensvertrag von Trianon zwei Drittel seines
Territoriums verloren. Eine Kampfansage gibt es auch an den
„kolonialisierenden Zionismus“. Man demonstrierte gegen die
„Holocaust-Industrie“. Bürger „ungarischen Blutes“ sollen Waffen tragen
dürfen, um sich gegen die „Zigeuner“ zu verteidigen.
18 Dec 2013
## AUTOREN
DIR Ralf Leonhard
## TAGS
DIR Viktor Orbán
DIR Roma
DIR Jobbik-Partei
DIR Rechtstextreme
DIR Parlamentswahl
DIR Jobbik
DIR Fidesz-Partei
DIR Ungarn
DIR Griechenland
DIR Ungarn
DIR Ungarn
DIR Ungarn
DIR Ungarn
DIR Viktor Orbán
DIR Ungarn
## ARTIKEL ZUM THEMA
DIR Jobbik-Partei in Ungarn: Bezeichnung als „Neonazis“ rechtens
Die rechtsextreme Jobbik-Partei darf „neonazistisch“ genannt werden. Ein
Budapester Gericht wies damit eine Klage von Jobbik gegen den Historiker
Laszlo Karsai ab.
DIR Pressefreiheit in Ungarn: Deal unter Verdacht
Ein österreichischer Investor kauft Ungarns linksliberales Traditionsblatt
„Népszabadság“. Kritiker befürchten, hinter dem Deal stecke die
Fidesz-Partei.
DIR Orbáns Macht ungebrochen: Keine Wahl bei den Wahlen
Durch Änderungen des Wahlrechts hat sich Premier Orbán schon vor der
Abstimmung im April die Mehrheit gesichert. Die Opposition hat kaum
Strahlkraft.
DIR Angriff auf Migranten in Griechenland: Die Justiz ermittelt
Schwarz gekleidete Männer greifen einen iranischen Flüchtling an und einer
beißt ihm ein Ohr ab. Die Justiz will jetzt ein rassistisches Motiv der Tat
prüfen.
DIR Parlamentarische Linke in Ungarn: Gemeinsam gegen Orban
Drei Mitte-Links-Parteien haben sich in Ungarn gegen Regierungschef Orban
zusammengeschlossen. Die Regierung plant derweil neue Atomreaktoren.
DIR Ungarns Umbau der Kultur: Anfang vom Ende der Kunstfreiheit
Die Kunsthalle Budapest wird von der konservativen Kunstakademie
übernommen. Die aktuelle Ausstellung besiegelt das Ende eines liberalen
Hauses.
DIR Diskriminierung in Ungarn: Eingeschränktes Wahlrecht für Roma?
Vor den Parlamentswahlen scheint das Zentrale Wahlbüro Roma von der
Abstimmung fernhalten zu wollen. Ungarns Roma-Partei MCP weist auf einen
fiesen Trick hin.
DIR Kulturpolitik in Ungarn: Eine neue nationale Erzählung
Unversöhnlich begegneten sich Vertreter einer neuen Nationalkultur Ungarns
und einer ausgegrenzten Kunstszene auf einer Tagung in Berlin.
DIR Freie Theaterszene in Ungarn: Mehr als Dokumentardramen
Ungarns Regierungschef Orban krempelt nicht nur die Politik um, sondern
auch die Kultur. Das unabhängige Theater hat es immer schwerer.
DIR Repression in Ungarn: Szolidaritas unter Druck
Ungarns Polizei ermittelt wegen „Rowdytums“ bei einer Demonstration der
Opposition. Im nächsten Frühjahr stehen Parlamentswahlen an.