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       # taz.de -- Oppositionsrechte in der GroKo: „Absichtserklärungen reichen nicht“
       
       > Grüne und Linke müssen auch in Zukunft einen Untersuchungsausschuss
       > einsetzen können. Das fordert die Verfassungsrechtlerin Pascale Cancik.
       
   IMG Bild: Linke und Grüne haben 20 Prozent der Sitze im neuen Parlament - zu wenig, um wichtige Oppositionsrechte wahrzunehmen
       
       taz: Frau Cancik, in dieser Woche wollen die Fraktionen im Bundestag
       darüber entscheiden, wie die Oppositionsrechte in der neuen Wahlperiode
       gesichert werden können. Grüne und Linke haben zusammen nur rund 20 Prozent
       der Sitze. Schützt das Grundgesetz die Opposition? 
       
       Pascale Cancik: Nicht ausdrücklich. Anders als in vielen
       Landesverfassungen, etwa in Bayern, sind die Wirkungsmöglichkeiten und die
       Ausstattung der Opposition im Grundgesetz nicht explizit angesprochen. Aus
       konkreten Regelungen kann jedoch entnommen werden, dass auch das
       Grundgesetz eine wirkungsvolle Opposition garantiert. So kann schon ein
       Viertel der Abgeordneten einen Untersuchungsausschuss erzwingen. Ebenso
       kann ein Viertel der Abgeordneten per Normenkontrolle dem
       Bundesverfassungsgericht jedes beliebige Gesetz zur Prüfung vorlegen.
       
       Diese Garantien, die ein Viertel der Abgeordneten erfordern, laufen demnach
       zukünftig aber ins Leere. 
       
       Stimmt. Doch auch in solchen Fällen muss ein Grundbestand an
       Oppositionsrechten gewährleistet sein. Das folgt direkt aus dem Prinzip der
       parlamentarischen Demokratie im Grundgesetz.
       
       Was heißt das konkret für die kommenden vier Jahre? 
       
       Die Opposition muss auch dann einen Untersuchungsausschuss durchsetzen
       können, wenn sie dafür im Bundestag weniger als 25 Prozent der Stimmen
       mobilisieren kann. Der Untersuchungsausschuss ist das stärkste
       Kontrollrecht der Opposition. Nur in einem Untersuchungsausschuss kann die
       Opposition zum Beispiel Akten anfordern und selbst auswerten. Nur dort kann
       sie Zeugen vorladen lassen und befragen.
       
       Würde eine Selbstverpflichtung der Koalition genügen, um die
       Oppositionsrechte zu sichern? 
       
       Nein. Dieses Recht muss im Gesetz über parlamentarische
       Untersuchungsausschüsse konkretisiert werden. Bloße Absichtserklärungen der
       Koalitionsfraktionen genügen nicht.
       
       Was passiert, wenn sich Linke und Grüne mal nicht einig sind? 
       
       Mitwirkungsrechte der Opposition können an ein Quorum, also eine
       Mindeststimmenzahl, gebunden werden. Eine heterogene Opposition kann dann
       nur gemeinsam einen Untersuchungsausschuss erzwingen. Ein Anliegen muss
       schon so wichtig sein, dass die Opposition bereit ist, sich
       zusammenzuraufen.
       
       Soll die Opposition auch das Recht zur Normenkontrolle bekommen, obwohl sie
       nicht das laut Grundgesetz erforderliche Viertel der Abgeordneten stellt? 
       
       Die Normenkontrolle beim Bundesverfassungsgericht gehört nicht zum
       Kernbestand einer wirkungsvollen Opposition. Ich fände es zwar politisch
       wünschenswert, die Hürde auch hier abzusenken, einen verfassungsrechtlichen
       Anspruch darauf gibt es nach meiner Auffassung aber nicht.
       
       Die Große Koalition hat der Opposition angeboten, ihren Anteil an der
       Redezeit deutlich anzuheben: von zwanzig Prozent auf ein Viertel bis ein
       Drittel. Die Grünen halten das nicht für ausreichend. Zu Recht? 
       
       Auch bei einer zahlenmäßig schwachen Opposition muss das essenzielle
       Prinzip von Rede und Gegenrede gewahrt bleiben. 25 Prozent Redezeit für die
       Opposition sind da deutlich zu wenig. Bei sehr kurzen Debatten muss die
       Redezeit außerdem so lang sein, dass die Position der Opposition noch
       angemessen dargestellt werden kann. Genaue Prozent- und Minutenzahlen sind
       dem Grundgesetz allerdings nicht zu entnehmen.
       
       Was ist, wenn keine Einigung über die Oppositionsrechte zustande kommt? 
       
       Dann kann, wie auch bei der Verweigerung von Untersuchungsausschüssen, per
       Organklage das Bundesverfassungsgericht angerufen werden. Mit guten
       Erfolgsaussichten.
       
       17 Dec 2013
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Christian Rath
       
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