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       # taz.de -- Kolumne Später: Rettet das einwickelbare Geschenk!
       
       > Den Wälzer über Mao, die CD mit Musik von Zappa: Sowas konnte man früher
       > weihnachtlich einpacken als Geschenk. Vorbei. Zur Hölle mit Kindle und
       > Spotify!
       
   IMG Bild: Nicht virtuell: Einwickelfähiges Weihnachtsgeschenk
       
       Nun ist also auch noch dieser Ausweg versperrt. Der Gang ins Medienkaufhaus
       Dussmann drei Tage vor Heiligabend, um noch schnell die hochgelobte
       900-Seiten-Biografie über Mao Tse-tung zu kaufen oder die Doppel-CD mit
       einem Remix der besten Songs von Frank Zappa. Das waren einwickelbare
       Rettungsgeschenke, die man unter den Weihnachtsbaum legen konnte.
       
       Das Rettungsgeschenk in Buch- oder CD-Form war die Lösung, wenn einem sonst
       nichts eingefallen war. Man konnte es einpacken in Geschenkpapier,
       weihnachtlich passend mit silbernen Sternen auf blauem Grund. Man konnte es
       verzieren mit einer roten Schleife, dieses rote Geschenkband kennt man noch
       aus der Kindheit. Man konnte darunter eine Karte stecken, mit einem Spruch,
       mit einer charmanten Anspielung auf die Gitarrensoli von Zappa, die man
       früher als „Jungs-Musik“ eingeordnet hatte.
       
       Das Rettungsgeschenk zum Anfassen war was anderes als Gutscheine.
       Gutscheine! Eine Seuche im Geschenkewesen, das findet nicht nur die
       Geschenkpapier-Industrie. Ich erinnere mich an zig Gutscheine der Kinder.
       Gutscheine fürs Zimmeraufräumen, für Hilfe beim Kochen. Alles uneingelöst.
       Dann die Gutscheine von Christoph. Opernbesuch. Bayreuth. Liegt noch heute
       in meiner Schublade. Karten für Bayreuth kriegt man nicht mal eben so.
       
       Ich hab mit Gutscheinen auch schon gesündigt. Gutschein für eine
       Ayurveda-Massage: Bine fand’s zu ölig. Einen Tag Miete einer Harley
       Davidson: Christoph fand’s peinlich. Neuerdings gibt’s Gutscheine für ganz
       besondere Erlebnisse. Freundin Britt bekam eine Panikattacke beim
       Ballonfahren hoch oben in der Gondel. Den Gutschein für den Jodelkurs
       erhielt Christoph von seinem Freund Freddie uneingelöst wieder zurück.
       „Zeitmangel.“ Tja.
       
       Der Gutschein war die erste Etappe beim Abschied vom einwickelbaren
       Rettungsgeschenk. Jetzt ist die nächste Etappe eingeläutet, die ihm den
       Todesstoß versetzen könnte.
       
       „Bücher“, sagt Christoph mit einem zufriedenen Lächeln und beugt sich über
       seinen Amazon-Kindle, „also Bücher brauch’ ich nicht mehr. Ist doch viel
       praktischer so ohne Altpapier. Wenn ich noch dran denke: Diese Wälzer, über
       Mao oder sonst wen. Kannste alles hier drin haben.“ Auch das mit den CDs
       ist bei ihm vorbei: Die Musik landet dank des Herunterladedienstes Spotify
       auf dem iPhone und tönt dann via irgendein Bluetooth-Ding durch die Anlage
       in der Küche. „Schluss mit den CD-Stapeln“, frohlockte Christoph. Die
       geschenketechnischen Nebenwirkungen waren ihm wurscht: Herunterlademusik
       und Kindle-Bücher kann man nicht in Glanzpapier einwickeln. Nicht mal in
       einen bunten Umschlag stecken wie einen Gutschein kann man sie. Furchtbar.
       
       Ich mach’s jetzt kurz: Ich hab das nostalgische Brotmesser von Manufactum
       bestellt. Der Griff ist aus Pflaumenbaumholz. Das Messer packe ich ein in
       rotes Seidenpapier. „Was zum Anfassen, aber ohne Touchscreen“ werde ich
       aufs Kärtchen schreiben. Hatte nicht Großtante Zilly früher immer geraten:
       „Schenk doch was Praktisches.“ Genau.
       
       19 Dec 2013
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Barbara Dribbusch
       
       ## TAGS
       
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