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       # taz.de -- Die Wahrheit: Der homosexuelle Mann …
       
       > … konnte sich vergangene Woche in der „GQ“ küssende Hetero-Männer ansehen
       > – für mehr Toleranz. Alle fanden es toll und mutig. Warum bloß?
       
   IMG Bild: Mund abwischen, weitermachen!
       
       Der homosexuelle Mann hat gequietscht vor Stolz und Freude in der
       vergangenen Woche: Für das Hetero-Magazin GQ [1][küssten sich prominente
       Kerle], aus Protest gegen Intoleranz und Homo-Diskriminierung in Russland
       und sonst wo. Na, da war was los in der Gemeinde: „Großartig!“ – „cool!“ –
       „humorvoll!“ – „mutig!“
       
       Mutig? Warum? Weil leidlich aparte Männer für eine Zehntel Kamerasekunde
       ihre trockenen Lippen aufeinanderpressen und damit Gleichgeschlechtliches
       simulieren, obwohl keiner privat dieser Leidenschaft frönt? Was ist daran
       mutig, wenn zwei Heteros öffentlich knutschen, um sich danach den Mund
       abzuwischen und in die Welt zu posaunen, dass der Kuss mit einer Frau
       natürlich viel schöner sei?
       
       Für GQ, diese „sexistische Kackscheiße“, wie die lesbische Kollegin Daniela
       Zysk urteilte, hat sich der PR-Coup gelohnt, das Blatt kam in jede
       Nachrichtenspalte. Aber was haben Schwule davon? (Nach dem Mehrwert für
       Lesben wollen wir in diesem Zusammenhang gleich gar nicht fragen.) Warum
       haben sie nicht gemerkt, dass das ganze Toleranz- und Solidaritäts-Gesäusel
       nach hinten losgeht?
       
       Spätestens als die Bild, Deutschlands Zentralorgan für Homo-Verachtung, die
       Nummer jubelnd aufgriff! Spätestens als GQ eiligst einen lesbophoben Text
       von ihrer Webseite nahm, um den homofreundlichen Gesamteindruck nicht zu
       stören! Spätestens als der Playboy zur GQ-Unterstützung das schlüpfrige
       Foto zweier sich küssender nackter Frauen veröffentlichte!
       
       Die vermeintliche Solidarität verpuffte schnell in Reklame und Heuchelei.
       Doch davon wollen die begeisterten Schwulen nichts gemerkt haben. Warum
       diese Scheuklappen? Oder glaubt wirklich auch nur einer von ihnen, nach
       dieser Aktion verkrümelt sich Russlands Präsident Putin aus Scham ob seiner
       homophoben Gesetze hinter seinen Zarenthron? Oder dass sich in den Köpfen
       der Menschen hierzulande etwas ändert, nur weil Herbert Grönemeyer August
       Diehl umhalste?
       
       Tun wir mal so, als ob deutschen Lesben und Schwulen tatsächlich was liegt
       an der miserablen Lage ihrer russischen Schwestern und Brüder. Und tun wir
       weiter so, als seien diese Kiss-ins tatsächlich eine adäquate Protestform:
       Warum gehen unsere prominenten Lesben und Schwulen nicht vor die Kameras
       und demonstrieren ihren Protest und ihre Anteilnahme? Und zwar jene
       Prominenten, von deren Homosexualität wir öffentlich nichts wissen und
       deren Namen wir hier nicht nennen dürfen, weil wir sofort wieder die
       Zensur-Instanz am Hals hätten. Aber wäre das nicht mutig? Würde nicht damit
       etwas riskiert und eine Solidarität gezeigt, die diesen Titel eher
       verdient?
       
       Würde ein schwuler Bundesminister seinen Staatssekretär küssen oder eine
       lesbische Modedesignerin ihr Model oder ein schwuler Fußballtrainer seinen
       Mittelstürmer? Das könnte nicht mehr so einfach weggehypt werden und würde
       vielleicht sogar im fernen Moskau gehört. Aber all die feigen prominenten
       Lesben und Schwulen können sich beruhigt zurücklehnen, solange es noch
       Platzhalter gibt wie Grönemeyer und Konsorten.
       
       16 Dec 2013
       
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