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       # taz.de -- Protest in Kolumbiens Hauptstadt: Demo gegen den „Staatsstreich“
       
       > Zehntausende gehen für den Bürgermeister von Bogotá auf die Straße. Seit
       > seiner Absetzung steigt die Beliebtheit des prominenten Linken.
       
   IMG Bild: Vereint im Protest: Linke, Grüne, Gewerkschafter, Indigene und Indignados unterstützen in Bogotá Bürgermeister Gustavo Petro.
       
       BUENOS AIRES taz | In der kolumbianischen Hauptstadt Bogotá haben am
       Freitagabend über zehntausend Menschen gegen die Absetzung des
       linksgerichteten Bürgermeisters Gustavo Petro demonstriert. In einem
       Sternmarsch zogen sie friedlich auf die Plaza de Bolívar vor dem Rathaus,
       dem Palacio de Liévano. „Weder die Verfassung noch ein Gesetz gibt dem
       Generalstaatsanwalt die Befugnis den Bürgermeister abzusetzen,“ sagte der
       53-Jährige in seiner Rede.
       
       Als der Generalstaatsanwalt die Absetzung verkündete, habe er die
       Verfassung gebrochen, so Preto. Seine Absetzung sei „ein Staatsstreich“.
       Die Generalstaatsanwaltschaft hatte Bürgermeister Gustavo Petro Anfang der
       Woche seines Amtes und ihn mit einem 15-jährigen Verbot belegt, öffentliche
       Funktionen auszuüben. Seither kommt es in der acht Millionen-Metropole
       täglich zu Demonstrationen.
       
       Generalstaatsanwalt Alejandro Ordóñez hatte die Absetzung mit der
       Begründung verfügt, Petro habe im Dezember 2012 „wissentlich und aus freier
       Entscheidung“ zwei nicht-kompetente Unternehmen mit der Müllentsorgung in
       Bogotá beauftragt. Für Preto hat Generalstaatsanwalt Ordóñez eindeutig
       seine Kompetenzen überschritten. „Die Generalstaatsanwaltschaft darf
       sanktionieren, kann Strafen verhängen, aber sie hat nicht das Recht den
       Bürgermeister der Hauptstadt abzusetzen. Das kann nur der Staatspräsident,“
       so Preto und verwies auf die Verfassungsartikel 322 und 323.
       
       Ordóñez habe also nicht nur die Verfassung gebrochen sondern auch die nur
       dem Staatspräsidenten zustehenden Kompetenzen ausgehöhlt. „Das nenne ich
       einen Staatsstreich.“ Gustavo Petro war im Oktober 2011 mit rund 32 Prozent
       der Wahlstimmen ins Bürgermeisteramt der Hauptstadt gewählt worden. Der
       prominente Linke hatte unter anderem versprochen, gegen die Mafia und die
       soziale Ungleichheit in der Stadt zu kämpfen.
       
       Das Bürgermeisteramt in der Hauptstadt ist nach dem Amt des
       Staatspräsidenten das zweitwichtigste politische Amt des Landes. In den
       1980er Jahren war er im bewaffneten Widerstand aktiv. Als Kongressmitglied
       hatte er in den 00er Jahren die Verbindungen der Parteigänger des damaligen
       Präsidenten Álvaro Uribe zu den Paramilitärs aufgedeckt. „Die Botschaft
       lautet, dass Menschen, die einmal zu den Waffen gegriffen haben und danach
       den demokratischen Weg gewählt haben, in Kolumbien nicht regieren dürfen.
       Diese Botschaft, obgleich die einer Minderheit, ist eine Kriegsbotschaft:
       Ihr seid ausgeschlossen,“ so Preto. Er stellte damit seine Absetzung in
       einen unmittelbaren Zusammenhang mit den laufenden Friedensverhandlungen
       zwischen der kolumbianischen Regierung und der FARC-Guerilla in Kuba.
       
       ## Beliebtheit steigt
       
       Dabei war erst kürzlich eine Übereinkunft darüber erzielt worden, wie die
       FARC in das politische System integriert werden kann. Der Schuss des
       rechten Generalstaatsanwalts Ordóñez könnte jedoch nach hinten losgehen.
       Bogotás Bürgermeister Gustavo Petro sei mit einem positiven Sympathiewert
       von gerademal 30 Prozent der Hauptstädter im Amt bewertet worden, heißt es
       in der kolumbianischen Presse. Nach seiner Absetzung schnellte dieser Wert
       auf über 50 Prozent hoch.
       
       Mehr noch. Petro könne jetzt wieder tun, was er ohnehin viel besser kann:
       Politisch agieren statt administrieren. Die Vorgang könnte dazu beitragen,
       dass sich die zersplitterten linken, alternativen, grünen, indigenen,
       gewerkschaftlichen und empörten Kräfte zu einem Bündnis vereinen könnten,
       das bei den Präsidentschafts- und Kongresswahlen im Mai 2014 schlagkräftig
       auftreten könnte. „Es könnte eine Allianz entstehen, die vor wenigen Tagen
       noch völlig illusorisch erschien,“ schreibt die Wochenzeitung Semana.
       
       Die jetzigen Proteste bieten genau dieses Bild. Am Freitag zogen Linke,
       Grüne, Gewerkschafter, Indigene und Indignados gemeinsam auf die Plaza de
       Bolívar. Ob sich daraus ein Bündnis formiert, das seinen Aufschwung in den
       nächsten Monaten fortsetzen kann, ist offen. Doch auch dabei könnte
       Generalstaatsanwalt Ordóñez Schützenhilfe leisten.
       
       Derzeit läuft eine disziplinarische Untersuchung der
       Generalstaatsanwaltschaft gegen der Parlamentsabgeordneten Iván Cepeda. Der
       prominente Menschenrechtsanwalt hatte in den Gefängnissen sitzende
       ehemalige Paramilitärs besucht, um sie nach Beziehungen zwischen ihnen und
       dem früheren Präsidenten Álvaro Uribe zu befragen.
       
       14 Dec 2013
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Jürgen Vogt
       
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