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       # taz.de -- Konkurrenz um Gorleben: Erdgas statt Endlager?
       
       > Niedersachsen erteilt einer Firma eine „Aufsucherlaubnis“ für Öl und Gas.
       > Das Suchfeld reicht bis auf 350 Meter an den Gorlebener Salzstock heran.
       
   IMG Bild: Begehrter Grund: Im Bergwerk könnte einmal Atommüll eingelagert werden – wenn nicht 350 Meter vom Salzstock entfernt Öl oder Gas gefördert werden.
       
       HAMBURG taz | Wird die Suche nach einem Endlager für Atommüll in Gorleben
       auf kaltem Weg beerdigt? Die niedersächsischen Bergbaubehörden haben jetzt
       dem in Mainz ansässigen Unternehmen „Geo Exploration Technologies“ die
       Erlaubnis erteilt, im Wendland nach Erdöl und Erdgas zu suchen.
       
       Das ausgewiesene Suchfeld erstreckt sich von Lemgow im Südwesten bis zur
       Elbe bei Schnackenburg im Nordosten, von Klein Breese im Westen bis an die
       Landesgrenze zu Sachsen-Anhalt im Osten. Es ist rund 160 Quadratkilometer
       groß und reicht an einer Stelle bis auf 350 Meter an den Gorlebener
       Salzstock heran, der seit Ende der 1970er-Jahre auf seine Eignung als
       Endlager für hochradioaktiven Atommüll untersucht wird. Von den
       oberirdischen Gebäuden des Bergwerks ist das Feld etwa vier Kilometer
       entfernt.
       
       Dass in dem Gebiet künftig nach fossilen Brennstoffen gesucht werden soll,
       hat die örtliche Bürgerinitiative (BI) Umweltschutz sehr überrascht. „Wenn
       hinter dieser Entscheidung der Plan steht, dass Gorleben als
       Atommüllendlager aufgegeben werden soll, dann ist das ziemlich neu“, sagte
       gestern BI-Sprecher Wolfgang Ehmke. Für ihn ist „klar, dass sich
       Gasförderung und ein Atommüllendlager nicht vertragen“. Denn bei der
       Gasförderung werde es Erderschütterungen geben, die im Salzstock zu Rissen
       führten.
       
       Grundsätzlich haben die Umweltschützer nichts gegen eine Suche nach Gas im
       Wendland, und gegen ein Aus für den Endlager-Standort Gorleben natürlich
       erst recht nicht. „Andererseits muss sichergestellt sein, dass es sich um
       eine konventionelle Gasförderung und nicht um Fracking handelt“, verlangt
       Ehmke. Die Initiative unterstützt in anderen Regionen schon länger Proteste
       gegen diese Risiko-Technologie. Auch die Mehrheit im Lüchow-Dannenberger
       Kreistag lehnt Fracking strikt ab.
       
       ## Keine Genehmigung für technische Maßnahmen
       
       Eine Entscheidung über die Fördermethoden stehe allerdings noch gar nicht
       an, erklärt Björn Vollmar vom niedersächsischen Landesamt für Bergbau,
       Energie und Geologie (LBEG) der taz. Mit der Erlaubnis sei „Geo Exploration
       Technologies“ lediglich das grundlegende Recht erteilt worden, in diesem
       Gebiet Erdöl oder Erdgas aufsuchen zu dürfen. Die Aufsuchungserlaubnis
       berechtige also lediglich zur Recherche, ob sich im Untergrund womöglich
       Erdgas oder Erdöl findet. Dazu könne Aktenstudium ebenso dienen wie die
       Durchsicht von Diplomarbeiten.
       
       Eine Genehmigung für technische Maßnahmen, wie geophysikalische
       Untersuchungen oder Erkundungsbohrungen, sei bislang nicht erteilt, betont
       das LBEG. Erst wenn konkrete Anträge für solche technischen Vorhaben
       vorlägen, werde geprüft, ob dadurch die Sicherheit eines anderen nach
       Bundesberggesetz genehmigten Betriebes wie etwa das Erkundungsbergwerk
       Gorleben gefährdet sei. Der Bescheid vom 4. Dezember stehe deshalb auch in
       keinem Zusammenhang mit der Fragestellung, ob Gorleben als Atommülllager
       aufgegeben werden solle.
       
       Dass sich im Bereich des Salzstocks Gorleben offenbar große Gas- und auch
       Ölvorkommen befinden, vermuten Fachleute indes schon länger. Lange Zeit
       unter Verschluss gehaltenen Akten zufolge suchten DDR-Betriebe seit Mitte
       der 1950er-Jahre in dem Salzstock, der sich beiderseits der Elbe
       ausbreitet, nach Gas und Öl.
       
       Auch bei Lenzen, nur einen Kilometer vom Fluss entfernt in Brandenburg
       gelegen, wurde gebohrt. In knapp 3.500 Metern Tiefe stießen die
       Mannschaften auf ein Gas-Laugen-Gemisch. Die Bohrstelle explodierte am 25.
       Juli 1969. Das Gasgemisch hatte sich am glühenden Auspuff eines
       Antriebsmotors entzündet. Der Bohrstellenleiter starb, sechs Arbeiter
       wurden schwer verletzt.
       
       Eine weitere Bohrung musste wegen unbeherrschbarer Bedingungen abgebrochen
       werden. Insgesamt wurden alleine bei Lenzen zwischen 1954 und 1972 drei
       Tiefbohrungen in den Salzstock getrieben. Der Geologieprofessor Klaus
       Duphorn hatte im Gorleben-Untersuchungsausschuss des Bundestages berichtet,
       dass das Erdgas- und Erdölreservoir im Salzstock mindestens 100.000 bis
       eine Million Kubikmeter groß ist.
       
       12 Dec 2013
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Reimar Paul
       
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