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       # taz.de -- Krise in der Ukraine: Wer kann, kommt nach Kiew
       
       > Die Fronten in Kiew sind verhärtet. Die Behörden versuchen, die
       > Opposition zu spalten. Für das Wochenende ist eine weitere Großdemo
       > geplant.
       
   IMG Bild: Janukowitschs Leute versuchen den Eindruck zu erwecken, sie hätten die Lage im Griff. Die Wirklichkeit sieht anders aus.
       
       KIEW taz | Der ukrainische Oppositionsführer Vitali Klitschko sieht nach
       dem Polizeieinsatz in der Nacht zum Mittwoch keinen Spielraum mehr für eine
       Einigung mit der Regierung: „Mit dem, was vergangene Nacht passiert ist,
       hat Janukowitsch den Weg zu jeder Art von Kompromissen versperrt“, sagte
       der Profiboxer am Mittwoch in Kiew.
       
       In der nächtlichen Hauptstadt waren Spezialeinheiten mit Tränengas gegen
       Demonstranten auf dem Maidan vorgegangen. Soldaten der berüchtigten
       „Berkut“-Einheiten bildeten einen Kessel um den Platz. Wer auf den
       angrenzenden Straßen angetroffen wurde, wurde mit Gewalt zum Verlassen der
       Straße gezwungen. Dutzende wurden verhaftet, viele zum Polizeibus
       geschleift. In den sozialen Netzwerken häufen sich die Berichte von
       Misshandlungen in den Polizeibussen.
       
       Vom Abend bis in die Morgenstunden des Mittwoch läuteten immer wieder die
       Glocken des Michaelsklosters in Kiew. Gegenüber der taz erklärte Priester
       Evstratij vom Michaelskloster, damit wolle man Position beziehen. Man sehe
       sich in der Pflicht, gegen Gewalt einzutreten. „Unsere Kirche ist rund um
       die Uhr geöffnet, erschöpfte Protestierer können in ihr übernachten, essen,
       vor den Verfolgern Zuflucht finden.“
       
       Die Spannung in der ukrainischen Hauptstadt steigt von Stunde zu Stunde.
       Niemand kann sagen, wie es weitergehen wird. Noch am Dienstagabend hatte
       Präsident Janukowitsch den drei ehemaligen Präsidenten und dem ukrainischen
       Volk mit einem Lächeln versichert, man werde gegen die Demonstranten keine
       Gewalt anwenden, die verhafteten politischen Gefangenen würden zeitnah
       freigelassen.
       
       ## Das Leugnen der Behörden
       
       Doch nur wenige Stunden nach Janukowitschs Fernsehauftritt versuchten
       Sondereinheiten der Polizei die Demonstranten des Maidan mit Gewalt vom
       Platz zu vertreiben. All das, so ließ man offiziell verlauten, sei
       notwendig, weil man den Maidan reinigen müsse. Gleichzeitig leugnen die
       Behörden, dass es unter den friedlichen Demonstranten Opfer der
       Polizeigewalt gibt, was jedoch Videoaufzeichnungen und Berichte
       internationaler Fernsehkanäle bestätigen.
       
       Nicht die Demonstranten in einigen Straßen von Kiew sind schuld daran, dass
       Kiews Straßen derzeit kaum gereinigt werden, sagen Oppositionelle.
       
       Vielmehr wollten die Machthaber den Demonstranten die Schuld für die
       eigenen Fehler in die Schuhe schieben: Der Zorn der Menschen soll sich
       gegen die Demonstranten richten, die schuld daran seien, dass vieles nicht
       funktioniere. Mehrmals am Tag werden derzeit in Kiew U-Bahn-Stationen
       geschlossen. Angeblich seien sie vermint. Doch die Züge passieren weiter
       diese Stationen, ohne anzuhalten.
       
       ## Die Wirklichkeit sieht anders aus
       
       In der Stadt sind dieser Tage seltsame Bilder zu sehen: Sicherheitskräfte
       blockieren Straßen mit Schulbussen. Auf einigen dieser Busse erinnert eine
       Aufschrift daran, dass die Regierung sie der Schule geschenkt hatte.
       
       Janukowitschs Leute versuchen den Eindruck zu erwecken, sie hätten die Lage
       im Griff. Die Wirklichkeit sieht anders aus.
       
       Nun hat die Regierung auch noch erklärt, sie könne wegen der Proteste
       einige soziale Leistungen nicht fristgerecht zahlen. Die offiziellen Zahlen
       vom November zeigen, dass schon damals die Kassen leer waren.
       
       Immer mehr Menschen beteiligen sich an den Protesten. Vielerorts schlossen
       am Mittwoch Geschäfte, Organisationen und Firmen. Wer kann, macht sich auf
       den Weg nach Kiew. Für das Wochenende ist eine weitere Großdemonstration in
       der Hauptstadt angesagt.
       
       Aus dem Russischen: Bernhard Clasen
       
       11 Dec 2013
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Andrej Nesterko
       
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