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       # taz.de -- Frauenquote in deutschen Medien: Vom Ministerium zum „Merkur“
       
       > Der konservative „Münchner Merkur“ bekommt eine Chefin. Damit steigt der
       > Anteil der Chefredakteurinnen in Deutschland – auf drei Prozent.
       
   IMG Bild: Bettina Bäumlisberger an ihrem Alt-Arbeitsplatz im bayerischen Wirtschaftsministerium.
       
       So sieht also der Gender-Aufbruch in Deutschlands Medienszene aus: Mit Bild
       am Sonntag und dem Münchner Merkur befördern ausgerechnet zwei konservative
       Zeitungen Frauen an ihre Spitzen, wie der Verein ProQuote mit „verhaltenem
       Jubel“ mitteilt.
       
       Damit steigt der Anteil der Chefredakteurinnen auf 3 Prozent. Eine von
       Ihnen ist ab Januar 2014 Bettina Bäumlisberger. Die 56-Jährige übernimmt
       als zweite Frau den eher behäbigen, aber nicht mehr völlig stramm
       CSU-treuen Merkur (verkaufte Auflage im 3. Quartal 2013 knapp 200.000).
       Schon im Jahr 2000 hatte das konservative Blatt kurzzeitig eine Chefin,
       Monika Zimmermann, die jedoch nach wenigen Monaten München den Rücken
       kehrte. Sie habe zurück in den Norden gewollt, ihre Heimat, hieß es von
       Verlegerseite.
       
       Jetzt kommt mit Bäumlisberger nach Jahren wieder eine Frau. Mit ihrem
       Geschlecht habe die Postenvergabe aber nichts zu tun, betont die
       Journalistin: „Wichtig ist, ob der Mensch zu der Redaktion passt.“ Und das
       sei bei ihr der Fall. Bäumlisberger hat beim Merkur volontiert und als
       Redakteurin gearbeitet, bevor sie über die Welt zum Focus kam.
       
       Zuletzt arbeitete sie als Pressesprecherin des bayerischen
       Wirtschaftsministers Martin Zeil. Als der bei der Bayernwahl sein Amt
       verlor und mit dem Rest der FDP Teil der neuen APO wurde, kehrte
       Bäumlisberger dem Ministerium den Rücken. Auch deshalb ist die Stimmung in
       den Redaktionsräumen des Merkur gespalten.
       
       ## Noch keine Pläne
       
       Ein Restbestand der FDP als neue Chefin? Bäumlisberger will davon nichts
       wissen. Es sei ihre Entscheidung gewesen, zu gehen, sagt sie, das
       Ministerium habe sie eigentlich halten wollen. Ohnehin sei ihr Vertrag als
       Pressesprecherin unbefristet gewesen.
       
       Wie gut die 56-Jährige und ihr neues Team zusammenpassen, muss sich erst
       zeigen. Sie plant Besuche in der Redaktion, will mit den Leuten sprechen,
       bevor sie im neuen Jahr richtig anfängt. Deshalb äußert sie sich auch
       vorerst offiziell nicht dazu, was sie mit dem Merkur vorhat: „Darüber muss
       ich erst mit meiner Redaktion sprechen.“
       
       Für Bäumlisbergers möglichen Erfolg spricht, dass sie den Kontakt zur ihren
       neuen-alten Kollegen nie ganz verloren hat, wie sie selbst betont.
       
       Viele ältere Mitarbeiter kenne sie noch aus ihrem Volontariat, zu anderen
       habe sie in ihrer Zeit als Pressesprecherin viel Kontakt gehabt. „Es kommt
       mir vor, als würde ich die halbe Redaktion kennen“, schwärmt sie. „Für mich
       ist das ein Nach-Hause-Kommen.“
       
       Dazu dürfte auch beitragen, dass Merkur-Verleger Dirk Ippen ein enges
       Verhältnis zu seiner neuen Chefredakteurin pflegt. „Wir stehen ihrer
       Persönlichkeit alle mit großem Respekt gegenüber“, sagt der Großverleger.
       
       Bäumlisberger sei eine erfahrene Journalistin, die etwa beim Focus
       Hervorragendes geleistet habe. Dennoch erwartet er von der 56-Jährigen
       keine großen Neuerungen. Sein Blatt sei mit seiner Strategie, stark aufs
       Lokale und Sublokale zu setzen, so erfolgreich, dass Bäumlisberger sie nur
       „aufgreifen“ müsse.
       
       ## Keine Quoten-Entscheidung
       
       Wenngleich auch Ippen betont, den Posten nicht aus einem „Quotendenken“
       heraus besetzt zu haben, möchte er doch mit seiner Wertschätzung fürs
       weibliche Geschlecht nicht hinter dem Berg halten: „Ich habe immer wieder
       auf Damen in allen Ebenen der Verlage gesetzt und bin dafür reich belohnt
       worden.“
       
       Schon seine Mutter sei Mitglied einer Unternehmerinnenvereinigung gewesen.
       „Da habe ich Damen kennengelernt, die ihre Familienunternehmen ebenso gut
       und oftmals viel besser geführt haben als ihre jeweiligen Ehepartner.“
       
       Klingt, als verdanke ProQuote den Anstieg an Chefredakteurinnen Frau Ippen
       Senior.
       
       11 Dec 2013
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Antonia Schäfer
       
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