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       # taz.de -- Proteste in der Ukraine: Demonstranten halten durch
       
       > Bei eisiger Kälte strömen immer mehr Ukrainer auf den Maidan in Kiew. Die
       > Sicherheitskräfte geben den Platz vorerst frei. Doch die Spannung bleibt.
       
   IMG Bild: Sie lassen sich nicht vertreiben: Regierungsgegner auf dem Maidan in Kiew.
       
       KIEW dpa | Nach dem nächtlichen Vorrücken ukrainischer Sondereinheiten
       gegen prowestliche Demonstranten hat die Opposition zu neuen
       Massenprotesten in Kiew aufgerufen. „Hier wird das Schicksal des Landes
       entschieden“, rief Arseni Jazenjuk von der Partei der inhaftierten
       Ex-Regierungschefin Julia Timoschenko am Mittwoch der Menge auf dem
       zentralen Unabhängigkeitsplatz (Maidan) zu. Die EU, die USA und Deutschland
       kritisierten den nächtlichen Polizeieinsatz, bei dem es Verletzte und
       Festnahmen gab, scharf.
       
       Vom Maidan zogen sich die Kräfte der Spezialeinheit Berkut (Steinadler) am
       Vormittag zunächst zurück. An dem von Regierungsgegnern besetzten
       Bürgermeisteramt stiegen Uniformierte in ihre Busse. Regierungsgegner
       hatten sie bei eisiger Kälte mit Wasser bespritzt. Es werde keine Gewalt
       gegen friedliche Demonstranten geben, sagte Regierungschef Nikolai Asarow.
       
       Die Polizei habe lediglich Wege von Barrikaden geräumt. Innenminister
       Witali Sachartschenko betonte, es werde auch keinen Sturm auf den
       Unabhängigkeitsplatz geben: „Ich möchte alle beruhigen - der Maidan wird
       nicht erstürmt.“
       
       Auf dem Platz waren am Mittag etwa 10.000 Demonstranten versammelt - trotz
       eisiger Kälte von minus 8 Grad Celsius und einer Schneedecke im Zentrum.
       Regierungsgegner sprachen öffentlich Gebete und sangen Lieder, andere
       verstärkten Barrikaden. Die Europa-Beauftragte des US-Außenministeriums,
       Victoria Nuland, verteilte Kekse und Brot an Protestierer und Polizisten.
       Die Metrostationen waren wieder geöffnet.
       
       ## Klitschko spricht von Sieg
       
       „Wir haben gesiegt, denn unser Wille war stärker“, sagte der
       Oppositionspolitiker und Boxweltmeister Vitali Klitschko. Er forderte den
       sofortigen Rücktritt des prorussischen Präsidenten Viktor Janukowitsch.
       „Kompromisse mit Halsabschneidern und Diktatoren kann es nicht geben. Man
       muss sie loswerden. Und heute ist die Frage Nummer eins: eindeutig der
       Rücktritt Janukowitschs und seiner ganzen verfaulten Regierung“, sagte
       Klitschko.
       
       Klitschkos Partei Udar (Schlag) teilte mit, dass in der Nacht zehn
       Demonstranten festgenommen worden seien. Augenzeugen sagten der Deutschen
       Presse-Agentur, es habe mindestens zehn Verletzte gegeben. Nach Angaben des
       Innenministeriums wurden auch zehn Angehörige der Sicherheitskräfte
       verletzt.
       
       Die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton, die sich am Vortag mit
       Janukowitsch sowie mit Regierungsgegnern getroffen hatte, teilte mit, sie
       sei „traurig“ über das Vorgehen der Polizei. US-Außenminister John Kerry
       zeigte sich „angewidert“. „Diese Reaktion ist weder akzeptabel noch ziemt
       sie sich für eine Demokratie“, teilte er mit.
       
       Bundesaußenminister Guido Westerwelle warnte die Führung in Kiew davor, die
       Proteste gewaltsam niederzuschlagen. „In einer Demokratie lassen sich
       friedliche Demonstrationen der Menschen nicht einfach verbieten und mit
       Staatsgewalt unterbinden“, erklärte Westerwelle. Litauens Außenminister
       Linas Linkevicius, dessen Land die EU-Ratspräsidentschaft hält, betonte,
       die Ukraine habe sich „offenbar bewusst gegen den europäischen Weg
       entschieden“.
       
       ## Forderung nach Finanzhilfe
       
       Das polnische Außenministerium bestellte noch am Vormittag den ukrainischen
       Botschafter Markijan Malski ein. „Wir bekunden unsere Solidarität mit der
       friedlich im Namen europäischer Werte demonstrierenden Gesellschaft",
       erklärte Ministerium in Warschau. Polen sei „tief beunruhigt" über die
       Verschärfung der Lage in dem Nachbarland.
       
       Der ukrainische Regierungschef Asarow forderte von der EU 20 Milliarden
       Euro Finanzhilfe für den Abschluss des ausgehandelten
       Assoziierungsabkommens über engere Zusammenarbeit und freien Handel. „Wir
       wollen Bedingungen schaffen, um die Verluste für die ukrainische Wirtschaft
       zu verringern“, sagte Asarow. Die Bundesregierung sieht in der Forderung
       ein Ablenkungsmanöver. „Mit dieser Forderung scheint die ukrainische
       Führung von ihrer alleinigen Verantwortung für die aktuelle und politische
       Lage ablenken zu wollen", sagte Vizeregierungssprecher Georg Streiter am
       Mittwoch in Berlin.
       
       Was wirtschaftliche Unterstützung von Seiten der EU angehe, so gelte
       unverändert: „Die Tür zu dem Assoziierungsabkommen ist offen", sagte
       Streiter weiter. Die damit in Zusammenhang stehenden Reformen und die
       Steigerung des Handels „würden der Ukraine in schwieriger Lage langfristig
       helfen", hob der Sprecher hervor. „Wir wollen den europäische-ukrainischen
       Beziehungen eine neue Qualität verleihen" und "neue Chancen eröffnen".
       
       11 Dec 2013
       
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