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       # taz.de -- Russland zentralisiert die Medien: Die Propaganda-Megamaschine
       
       > Wladimir Putin löst eine staatliche Nachrichtenagentur auf. Eine neu
       > gegründete Agentur soll an einem freundlicheren Image arbeiten.
       
   IMG Bild: Freundlich in und zu den Medien: Russlands Präsident Putin.
       
       MOSKAU taz | Für die meisten russischen Medienvertreter kam Wladimir Putins
       Großoffensive unerwartet. Per Ukas verfügte der Präsident am Montag auf der
       Website des Kreml die juristische Auflösung der staatlichen
       Nachrichtenagentur RIA Nowosti und des russischen Auslandsradiosenders
       Golos Rossii (Stimme Russlands).
       
       Auch die Chefredakteure schienen vorher nicht eingeweiht worden zu sein.
       RIA Nowosti und die Stimme Russlands fusionieren und werden künftig unter
       dem Namen Internationale Nachrichtenagentur Rossija Segodnja (Russland
       heute) auftreten.
       
       Die propagandistische Megamaschine soll international an einer positiveren
       Wahrnehmung Russlands und einem freundlicheren Image arbeiten. Auch RIA
       Nowosti berichtete seit der Gründung 1941 nach dem deutschen Überfall auf
       die UdSSR – damals noch als Sovinformbüro – vornehmlich für ausländische
       Auditorien. Der Leiter der Präsidialadministration im Kreml, Sergej Iwanow,
       begründete die Reorganisation mit Sparmaßnahmen und Effizienzsteigerung.
       
       Tatsächlich dürften aber die ideologischen Zielsetzungen schwerer wiegen,
       die der langjährige Putin-Intimus auch nicht verschwieg: Russland führe
       eine eigenständige Politik und verteidige mit aller Härte seine nationalen
       Interessen. „Nicht nur die Wahrheit muss gesagt werden, sie soll auch so
       vielen Menschen wie möglich zugänglich sein“, so Iwanow. Neueste
       Technologien und eine zeitgerechte Sprache sollen dabei behilflich sein.
       
       ## Sowjetische Prinzipien werden wiederbelebt
       
       Auch Printmedien wie die Regierungszeitung Rossiskaja gaseta und das
       Journal Rodina (Heimat) sind von dem Ukas betroffen. Die Zentralisierung
       der Medienlandschaft läuft auf eine weitere Einschränkung der
       Pressefreiheit und Vielfalt hinaus. So vergleicht der Vorsitzende des
       Moskauer Journalistenverbandes, Pawel Gussew, die Maßnahmen mit einer
       „Wiederbelebung sowjetischer Prinzipien“.
       
       Die Propagierung der Kremlpolitik war auch in den letzten Jahren Aufgabe
       RIA Nowostis. Die Agentur diente darüber hinaus jedoch auch als eine
       Plattform, die kontroversen Meinungen ein Forum bot. Wie es die
       Chefredakteurin Swetlana Mironjuk schaffte, ohne nennenswerte
       Qualitätseinbußen das Unternehmen durch eine pressefeindliche Umgebung zu
       steuern, war für viele seit längerem ein Rätsel.
       
       Über die weitere Verwendung Mironjuks ist bislang nichts bekannt. Klar ist
       jedoch, dass alle Projekte, die mit der Berichterstattung innerhalb
       Russlands verbunden sind, ab sofort eingestellt werden. Direktor des neu
       geschaffenen Staatsapparates Russland heute wird Dmitri Kiseljow. Der
       59-jährige Journalist ist dem russischen Zuschauer seit Anfang der 1990er
       Jahre auch als Moderator politischer Sendungen vertraut.
       
       ## Schwulenhetze im Fernsehen
       
       Kiseljow diente schon verschiedensten Herren, tut sich in letzter Zeit
       jedoch als ein besonders beißwütiger Parteigänger Putins hervor. Er ist ein
       Zyniker, der beste Bildungsvoraussetzungen mitbringt, und sich zum
       Sprachrohr des Pöbels macht. In einer Live-Schaltung aus Kiew am Sonntag
       widmete ihm ein ukrainischer Journalist in einer Überraschungsaktion einen
       „Oskar“ für die unverschämtesten Lügen über die Ereignisse in der Ukraine.
       
       Auch bei der staatlichen Schwulenhatz fällt dem Leiter von Russland heute
       eine Schlüsselrolle zu. Im Sommer plädierte er dafür, Schwulen das Spenden
       von Blut und Sperma zu verbieten und ihre Herzen nach einem Autounfall zu
       vergraben oder gleich zu verbrennen. In einer Eloge zum 60. Geburtstag
       Präsident Putins sah er unter den Vorgängern des Kremlchefs im 20.
       Jahrhundert nur einen, der von der „Größe seines Schaffens“ Putin
       vergleichbar wäre: Sowjetdiktator Josef Stalin.
       
       11 Dec 2013
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Klaus-Helge Donath
       
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