# taz.de -- Arte-Doku zum 100. Brandt-Geburtstag: Willy Cool, irgendwie
> Eine Arte-Doku weist Willy Brandt seinen Platz als
> 1970er-Jahre-Lifestyle-Ikone im Pop-Art-Style zu. Eine Idee hat der Film
> aber nicht.
IMG Bild: Politikerikonen unter sich: Willy Brandt und John F. Kennedy im Juni 1963.
Es ist natürlich nie ein Fehler, einen Film über Willy Brandt zu machen.
Und auch am Mittwochabend macht nichts falsch, wer sich auf Arte „Willy
Brandt – Erinnerungen an ein Politikerleben“ zu Gemüte führt. Denn der Film
von André Schäfer (produziert für WDR und RBB) liefert schöne Bilder und
weist Willy Brandt zumindest vorläufig seinen Platz zu – den als
1970er-Jahre Lifestyle-Ikone im Pop-Art-Style in der hippen Retro-Kneipe.
Eine Idee hat der Film nicht: keine von Brandt, keine von der SPD, keine
von Politik überhaupt. Die Auswahl der Zeitzeugen wirkt mal zufällig, mal
schlicht eindimensional. Keinen einzigen der zahlreichen – und bis zur
menschlichen Miesheit erbitterten – Gegner Brandts hat man vor die Kamera
gebracht.
Umgekehrt bekommt man von der unbedingt beeindruckenden Jugendfreundin
Brandts, Elizabeth Spanjer-Fisher, zwar bestätigt, was man sehen kann: dass
nämlich Brandt ein verdammt gut aussehender junger Antifaschist war; aber
was er nun eigentlich gemacht hat als Hitlergegner, bleibt ebenso
unterbelichtet wie die gesamte Innenpolitik seiner Kanzlerschaft oder seine
durchaus problematische Rolle bei der Freilassung der überlebenden
Olympia-Attentäter von München 1972 im Austausch gegen deutsche Geiseln.
Dennoch gibt es natürlich gerade in diesen Groko-Zeiten Sätze, die
aufhorchen lassen: Sie stammen zumeist von Egon Bahr, der dabei nie
vergisst zu zeigen, dass man auch als über Neunzigjähriger noch seine
Marlboros rauchen kann. Bahr sagt: „Er hat dem Wahlkampf
entgegengefiebert.“ Er sagt: „Das war Charisma. Das war Führung.“
Und er sagt, dass Brandts Kniefall vor dem Ehrenmal des Warschauer
Ghettoaufstandes zwar nicht geplant gewesen sei; den Friedensnobelpreis,
ergänzt er dann trocken, hätte er ohne diese Geste aber wohl nicht
bekommen.
10 Dec 2013
## AUTOREN
DIR Ambros Waibel
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