# taz.de -- Kommentar Welthandelsabkommen: Alles andere als ein Durchbruch
> Das hochgelobte Bali-Paket ist schön für den Norden. Es zeigt aber:
> Freihandel und Hungerbekämpfung sind nicht miteinander vereinbar.
IMG Bild: Ernäherungssicherheit: der große Verlierer von Bali.
Die WTO lebt wieder. Doch nur auf Sparflamme. Das allseits bejubelte
[1][Bali-Paket] umfasst höchstens 5 Prozent der Einsparungen, die die 2001
in Doha gestartete Verhandlungsrunde dem Welthandel bescheren sollte. Gern
wird sie auch „Entwicklungsrunde“ genannt, ohne jede Ironie.
Das erste multilaterale Abkommen seit bald 20 Jahren ist Freihandel ohne
jede Neuigkeit: Den ärmsten Ländern wurde unverbindlich mehr
Entwicklungshilfe versprochen. Die von Schwellenländern geforderte
Abschaffung der Agrarexportsubventionen im Norden wurde wieder nicht
beschlossen.
Doch die Befreiung des grenzüberschreitenden Handels von bürokratischen
Hemmnissen, die vor allem Industrie- und Exportländer interessieren, wurde
verbindlich festgezurrt. Schön für den Norden. Für den Süden nicht
unbedingt von Nachteil, aber alles andere als ein Durchbruch.
Der große Verlierer von Bali ist die Ernährungssicherheit. Viele
Entwicklungsländer der Gruppe G 33 haben das Thema auf die Tagesordnung
gesetzt, öffentlich verteidigt hat es vor allem Indien. Fast wäre die
Konferenz daran gescheitert. Doch Indien lenkte ein, als es für sich und
nur für sich eine zeitliche Ausnahmeregelung ausgehandelt hatte.
Neu-Delhi verstößt mit seinem neuen Antihungerprogramm gegen WTO-Regeln,
weil es zur Bildung von Nahrungsmittelreserven vor allem Reis zu staatlich
festgesetzten Preisen kauft und verkauft. Das darf die Regierung,
innenpolitisch stark unter Druck, nun weiterhin tun.
Doch anderen Ländern, die noch kein solches Programm begonnen haben, bleibt
dieser Weg in Zukunft versperrt. Auch verbietet die WTO Indien, seine
Nahrungsmittelhilfe auf andere Produkte auszuweiten. Gar nicht zu reden von
den strengen Kontrollen, mit denen die Handelshüter sicherstellen werden,
dass Indien seine subventionierten Güter nicht auf anderen Märkten billig
anbietet. Dass die Industriestaaten lange Zeit mit Exportsubventionen genau
dies getan haben, stört die Freihandelslogik nicht.
Ernährungssicherheit ist also mit der WTO nicht zu vereinbaren. Die
Staatseinkäufe zu sicheren Preisen wären eine wichtige Stütze für
Kleinbauern, die bis heute weltweit rund 70 Prozent aller Lebensmittel
herstellen. Genau dies zu verbieten zeigt, dass Freihandel und
Hungerbekämpfung nicht vereinbar sind.
8 Dec 2013
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DIR Andreas Behn
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