URI: 
       # taz.de -- Afrika-Gipfel in Frankreich: Paris will nicht ewig Gendarm spielen
       
       > Der Afrika-Gipfel zeigt die Zerrissenheit Frankreichs: Auf Solonummern
       > hat die einstige Kolonialmacht keine Lust, ein Rückzug kommt auch nicht
       > in Frage.
       
   IMG Bild: Kritik an der ehemaligen Kolonialmacht gab es kaum: Hollande mit seinen Kollegen Kikwete (Tansania) und Sall (Senegal)
       
       PARIS taz | Sie waren fast alle da, die Staats- und Regierungschefs von
       mehr als vierzig afrikanischen Staaten. Abgesehen vom südafrikanischen
       Staatschef Jacob Zuma hatte nur der Ruander Paul Kagame die Einladung nach
       Paris zum französisch-afrikanischen Gipfel ausgeschlagen und als Ersatz
       seinen Außenminister geschickt.
       
       Kagame hatte offiziell Terminprobleme vorgeschoben, zu diesem von
       Staatspräsident François Hollande organisierten Gipfeltreffen zum Thema
       Sicherheit und Frieden aber angemerkt, seiner Erfahrung nach könnten die
       Afrikaner von der selbsternannten Schutzmacht in Paris für Entgegenkommen
       keine Dankbarkeit erwarten.
       
       Die Kritik aus Kigali blieb der einzige hörbare Misston am Rande des
       Pariser Treffens am Freitag und Samstag, das weitgehend vom Tod von Nelson
       Mandela in Südafrika überschattet wurde. Die ehrliche Trauer und die
       öffentliche Hommage für Madiba vereinte in Paris alle in einer
       Schweigeminute, die über die politischen Differenzen hinweg ein
       Zusammengehörigkeitsgefühl aufkommen ließ.
       
       Einstimmigkeit scheint auch zu herrschen über Notwendigkeit einer
       Intervention zum Schutz der Bevölkerung in der Republik Zentralafrika
       (RCA). Nachdem bereits die UNO mit einer Resolution Frankreich das Mandat
       erteilt hat, zusammen mit panafrikanischen Truppen in der RCA für
       Sicherheit und Ordnung zu sorgen, war dieser Gipfel für Präsident Hollande
       auch ein Vorwand, für seinen zweiten französischen Feldzug im Namen der
       Menschenrechte – nach der Intervention in Mali – die Unterstützung durch
       die Vertreter des afrikanischen Kontinents zu verlangen.
       
       ## Kein Rückzug aus Afrika
       
       Das war für Hollande umso wichtiger, als diese Intervention seinem eigenen
       Programm, die Themen Sicherheit und Stabilität den Afrikanern selber zu
       überlassen, entgegenläuft. Auch wenn es auf der einen Seite ganz
       offensichtlich den französischen Nationalstolz kitzelt, die einzige Macht
       zu sein, die willens und fähig ist, militärisch in so kurzer Zeit 1.600
       Soldaten nach Bangui zu entsenden, um der Eskalation Einhalt zu gebieten,
       möchte Frankreich nicht ewig als „Gendarm von Afrika“ dastehen.
       
       So „unersetzbar“ zu sein, ist eine zweischneidige Sache. Am Gipfel hat
       Hollande deshalb angeboten, jährlich bis zu 20.000 Soldaten einer
       panafrikanischen Eingreiftruppe auszubilden. Inwiefern er dabei auf die
       Unterstützung der EU-Partner zählt, ist offen.
       
       Klar ist hingegen, dass der Wunsch, bei militärischen Intervention in
       afrikanischen Krisengebieten nicht jedes Mal die Führungsrolle oder gar
       eine Solonummer spielen zu müssen, nicht gleichbedeutend ist mit einem
       Rückzug aus Afrika.
       
       Im Vorfeld des Pariser Gipfels trafen sich 600 Unternehmensvertreter, um
       über eine Intensivierung der Beziehungen zu Afrika zu diskutieren.
       Ausgangspunkt war ein Expertenbericht des früheren Außenministers Hubert
       Védrine, der ihnen verheißt, Afrika könne wieder „Frankreichs neues
       Eldorado werden“. Ganz so selbstlos und ausschließlich humanitär ist das
       Engagement in den früheren Kolonien auch in der Hollande-Doktrin nicht
       gemeint.
       
       8 Dec 2013
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Rudolf Balmer
       
       ## TAGS
       
   DIR Mali
   DIR Schwerpunkt Frankreich
   DIR Zentralafrikanische Republik
   DIR Kolonialismus
   DIR Militäreinsätze
   DIR Jean-Marc Ayrault
   DIR EU-Gipfel
   DIR Zentralafrika
   DIR Bangui
   DIR Zentralafrikanische Republik
   DIR Zentralafrika
   DIR Zentralafrikanische Republik
   DIR Schwerpunkt Rassismus
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Integrationsdebatte in Frankreich: In Polemik erstickt
       
       Die Rechtspopulisten warnen vor dem Verkauf der „Seele Frankreichs“. Das
       wahre Reizthema in der Diskussion um Integration aber ist der Schleier.
       
   DIR EU-Gipfel in Brüssel: Geld nur bei europäischem Mandat
       
       Frankreichs Präsident Hollande fordert von der EU eine finanzielle
       Unterstützung für den Militäreinsatz in Zentralafrika. Merkel formuliert
       Bedingungen.
       
   DIR Chaos in Zentralafrika: Ein Gesprächsangebot für Frieden
       
       Die schwere Gewalt dauert an. Der zentralafrikanische Präsident hat den
       christlichen Milizen nun ein Gespräch angeboten. Kameruner werden in ihre
       Heimat ausgeflogen.
       
   DIR Zentralafrikanische Republik: Französische Soldaten erschossen
       
       Die Hauptstadt Bangui kommt trotz des französischen Militäreinsatzes nicht
       zur Ruhe. Über eine halbe Million Menschen sind auf der Flucht.
       
   DIR Zentralafrikanische Republik: Schlachtfeld Bangui
       
       Der UN-Sicherheitsrat gibt grünes Licht für eine Militärintervention. In
       der Hauptstadt Bangui kommt es zu schweren Kämpfen und Massakern.
       
   DIR Französiche Armee in Zentralafrika: Eingreifen mitten im Chaos
       
       Frankreich schickt 1.000 Soldaten in die Zentralafrikanische Republik, um
       die Gewalt einzudämmen. Der Einsatz wird wohl schwieriger als der in Mali.
       
   DIR Zentralafrikanische Republik: Warnungen vorm Völkermord
       
       Frankreich drängt auf UN-Beschluss zum Eingreifen gegen ausufernde Gewalt.
       Präsident Djotodia verhandelt mit dem ugandischen Warlord Joseph Kony.
       
   DIR „Rassen“-Debatte in Frankreich: Guter Wille, fehlende Stimmen
       
       Ein antirassistisches Wahlversprechen stellt Präsident François Hollande
       vor Probleme. Denn auf die Opposition kann er sich nicht verlassen.