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       # taz.de -- Netzpolitik im Koalitionsvertrag: Eher Watte als Beton
       
       > Der Koalitionsvertrag verhandelt das Thema Internet in uneindeutigen
       > Formulierungen. Entsetzen und Erwartungen liegen dicht beieinander.
       
   IMG Bild: Farbig geht es bei der Netzpolitik im Koalitionsvertrag nicht gerade zu.
       
       Wortwörtlich hat die Große Koalition die Netzpolitik schon mal nicht auf
       ihrem Zettel.
       [1][//www.cdu.de/sites/default/files/media/dokumente/koalitionsvertrag.pdf:
       In ihrem Koalitionsvertrag] taucht der Begriff kein einziges Mal auf. Und
       auch sonst sieht Lars Klingbeil „keinen Grund, jetzt jubelnd durch den
       Bundestag zu laufen“, wie er sagt.
       
       Klingbeil, 35, saß für die SPD mit am Verhandlungstisch. Er sieht zwar sehr
       wohl auch viel Gutes in dem Dokument. So wollen Union und Sozialdemokraten
       den Zugang zu Bildungsstoffen im Digitalen erleichtern, Stichwort:
       [2][„Open Access“,] und all diejenigen vor Strafen schützen, die ihre
       WLAN-Netze anderen zur Verfügung stellen.
       
       „Es gibt aber auch ein paar Sachen, wo ich mir weitergehende Dinge
       gewünscht hätte“, sagt Klingbeil. So bedauert er, dass in der endgültigen
       Version nicht mehr von einer Milliarde Euro die Rede sei, die in den
       Breitbandausbau fließen sollen. Und auch das Informationsfreiheitsgesetz,
       mit dem Bürger Unterlagen von Ministerien und Behörden einfordern können,
       hätte er gerne im Sinne von mehr Transparenz verschärft.
       
       Und dann ist da noch [3][die Vorratsdatenspeicherung,] das heikelste
       netzpolitische Thema dieser Zeit und für Klingbeil „eines der schwierigsten
       Themen des Koalitionsvertrags“. Deutsche Telekom und Co sollen künftig
       speichern, wer wann mit wem kommuniziert – es könnten sich ja Ermittler für
       diese sogenannten Verbindungsdaten interessieren.
       
       ## Im Sinne der Innenpolitik
       
       Klingbeil war im Wahlkampf auf Contra-Position und gibt sich auch jetzt
       nicht gerade begeistert. Warum es doch so kam? „Ich kenne die genauen
       Argumente nicht“, sagt er und betont: „Ich war in den Verhandlungen nicht
       mehr dabei.“ Entschieden haben die Parteichefs und das eben nicht im Sinne
       der Netz-, sondern der Innenpolitiker.
       
       Dass das „Supergrundrecht“ auch hier alles andere verdrängt – ein Unglück
       für Netzaktivisten. Markus Beckedahl, der in seinem Verein Digitale
       Gesellschaft für die Interessen der Nutzer kämpft, erinnert an die
       NSA-Affäre. „Die Lehre sollte eigentlich sein, auf solche Mittel zu
       verzichten und Datensparsamkeit zu praktizieren“, mahnt er.
       
       Klingbeil wiederum freut zumindest, dass Schwarz-Rot die
       Vorratsdatenspeicherung eindämmen möchte. Es plant laut Koalitionsvertrag,
       in Brüssel darauf zu drängen, die Speicherpflicht auf drei statt sechs
       Monate zu senken. „Da habe ich die Hoffnung, dass man noch mehr
       überarbeiten kann“, sagt Klingbeil. Er selbst wolle hier „aktiv werden“.
       
       ## „Wie viel ist eine Vielzahl?“
       
       Netzaktivist Beckedahl stört unterdessen noch mehr. Die Netzneutralität
       etwa werde zwar verankert und damit der Grundsatz, alle Datenpakete im Netz
       gleich zu behandeln. Aber auch hier glichen die Formulierungen eher Watte
       denn Beton, wie etwa der Zusatz demonstriere, die Netzqualität dürfe „nicht
       von einer Vielzahl von ’Managed Services‘ verdrängt werden“, den
       umstrittenen Privilegien, die Nutzer oder Anbieter bezahlen sollen.
       
       „Wie viel ist eine Vielzahl?“, fragt sich Beckedahl. „Sind das jetzt 10,
       sind das 100, sind das 10.000?“
       
       SPD-Netzpolitiker Klingbeil will Unschärfen dieser Art nicht überbewerten.
       „Ein Koalitionsvertrag lässt immer auch Interpretationen zu“, sagt er. Das
       Dokument sei außerdem schon allein deshalb ein Gewinn, weil „fast in jedem
       Kapitel digitale Politik“ stecke und außerdem alle Beteiligten verstanden
       hätten, dass das Internet eine zentrale Infrastruktur sei, die ausgebaut
       werden müsse. „Das ist ein Erfolg für die Netzpolitik.“
       
       7 Dec 2013
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] http://https
   DIR [2] http://de.wikipedia.org/wiki/Open_Access
   DIR [3] /Kommentar-Vorratsdatenspeicherung/!128280/
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Daniel Bouhs
       
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