# taz.de -- Kommentar Prostitutionsgesetz: Kommt jetzt die Sex-Stasi?
> Die Freier sollen in die Verantwortung genommen werden. Die Ideen von
> Union und SPD zur Verschärfung des Prostitutionsgesetzes sind absurd.
IMG Bild: Mit der Farbe dieses Wegweisers in der Schweiz werden gemeinhin andere Dinge assoziiert
Guten Tag, ich möchte Sie gern vögeln, ich bin für die nächste halbe Stunde
Ihr Freier. Aber sagen Sie, sind Sie eine Zwangsprostituierte? Wurden Sie
von Menschenhändlern nach Deutschland verschleppt, haben die Ihnen den Pass
abgenommen und Sie gegen Ihren Willen in dieses Bordell gesteckt? Ja?
Sorry, dann können wir doch nicht ins Geschäft kommen. Das ist nämlich
gegen das Gesetz.
So oder so ähnlich müssen sich Union und SPD das vorgestellt haben, als sie
über ein schärferes Prostitutionsgesetz und Strafen für Freier von
Zwangsprostituierten nachgedacht haben. Aber haben die Koalitionäre mal
Experten gefragt? Die Polizei? Menschenrechtsorganisationen? Vermutlich
nicht. Die raten nämlich ab von der Idee, Menschenrechtsverletzungen, die
Menschenhandel und Zwangsprostitution eindeutig darstellen, mit einem
verschärften Gesetz im Rotlichtmilieu bekämpfen zu wollen.
Welcher Mann geht schon zur Polizei, wenn er glaubt, im Bordell eine Frau
getroffen zu haben, die ihre Sexdienste nicht freiwillig anbietet? Die er
vielleicht selbst dafür bezahlt hat? Das kostet schon jetzt große
Überwindung. Aber welcher Mann wird das künftig noch tun, wenn er sich dann
automatisch selbst anzeigt? Wenn er mit Repression, mit einer Strafe
rechnen muss?
Ebenso kann man davon ausgehen, dass kaum ein Mann eine „normale“ von einer
Zwangsprostituierten unterscheiden kann. Eine Frau, die aus Osteuropa,
Afrika oder Asien mit anderen Aussichten und Hoffnungen als einem Sexjob
nach Deutschland gekommen ist, wird das kaum zugeben. Schon gar nicht
gegenüber einem Fremden, von dem sie auch noch Geld bekommt. Aber sie hat
doch blaue Flecken auf dem Oberarm? Treppe runtergefallen, wird sie sagen.
SozialarbeiterInnen und PsychologInnen in den Beratungsstellen kennen
solche Sätze.
Die BeraterInnen wissen auch, dass viele ausländische Frauen, die
unfreiwillig im Sexgewerbe landen, vor allem über Bekannte und die eigene
Familie hierher kommen. Es sind vor allem solche „Strukturen“, die
Zwangsprostitution leicht machen. Will man die aufbrechen, sollte man nicht
nur die Täter im Blick haben, sondern vor allem die Opfer. Aber die fühlen
sich jetzt schon alleingelassen, wenn sie bei der Polizei oder im
Gerichtssaal aussagen. Die Freier sind nicht die ersten und nicht die
größten Täter.
2 Dec 2013
## AUTOREN
DIR Simone Schmollack
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