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       # taz.de -- Kolumne Wutbürger: In meiner Wohnung nicht verfügbar
       
       > Das Lächeln der Frau war wie ein Stück Zartbitterschokolade mit rotem
       > Pfeffer. Doch wollte man sie küssen, musste man sich zwei Jahre an sie
       > binden. Mindestens.
       
   IMG Bild: Eine Art, sich zu kleiden, die auf sofortiges Entkleiden angelegt war.
       
       Neulich lernte ich eine attraktive Frau kennen, doch unsere Begegnung
       sollte sich anders entwickeln, als ich das zunächst erwartet hatte. Sie saß
       an der Theke einer Bar, die ich als mein Wohnzimmer betrachte. Ein Lächeln
       wie ein Stück Zartbitterschokolade mit rotem Pfeffer. Eine Lässigkeit, die
       mit „cool“ so treffend beschrieben ist wie die Skulpturen des Bildhauers
       Anish Kapoor mit „nett“. Eine Art, sich zu kleiden, die auf sofortiges
       Entkleiden angelegt war.
       
       Nach zwei Cocktails kamen wir überein, dieser Botschaft zu folgen und vom
       Wohn- ins Schlafzimmer zu wechseln. In meinem Apartment angekommen,
       verloren wir nicht viel Zeit. Doch als ich mich gerade daranmachen wollte,
       sie aus ihrem Oberteil zu schälen, hauchte sie, sie müsse mir etwas sagen.
       
       Wenn wir die Nacht nun zusammen verbrächten, würde ich mich verpflichten,
       mindestens die kommenden zwei Jahre bei ihr zu bleiben. Wenn das alles ist,
       antwortete ich und ließ meine Finger weiter zu ihrem Rücken wandern.
       Moment, da gibt es noch mehr, erwiderte sie und schnell fiel meine Lust,
       mich weiter mit ihrem Reißverschluss zu beschäftigen, auf ein nicht mehr
       nachweisbares Niveau.
       
       Einmal pro Monat bekomme sie knapp 30 Euro von mir, inklusive einer
       einmaligen Anschlussgebühr in gleicher Höhe. Mein Stil sei mit ihrem nicht
       kompatibel, weswegen ich mich von meinem innerhalb von vier Wochen
       verabschieden müsse. Meine Kleidung müsse ich in Zukunft über sie beziehen.
       
       Und außerdem sei das Tempo, mit dem unser Date bislang verlaufen sei, in
       meiner Wohnung leider nicht verfügbar, weshalb sie jetzt nach Hause gehe.
       
       Vor der Wohnungstür warf sie sich ihren Mantel über und drehte sich noch
       einmal lasziv zu mir um. Wo sie denn solche Methoden gelernt habe, wollte
       ich zum Abschied von ihr wissen. Ich arbeite bei einem
       Telekommunikationskonzern, antwortete sie und verschwand im Dunkel des
       Treppenhauses.
       
       30 Nov 2013
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Kai Schächtele
       
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