# taz.de -- Kolumne Liebeserklärung: Der Vertreter
> Im NSA-Skandal haben die USA jetzt zur stärksten Waffe gegriffen, die sie
> haben: dem Handlungsreisenden. Das ist schön.
IMG Bild: Christopher Murphy, demokratischer Handlungsreisender des US-Senats.
Als Gregor Samsa eines Morgens aus unruhigen Träumen erwachte, fand er sich
in seinem Bett zu einem ungeheuren Ungeziefer verwandelt. Nun ja, auch
Franz Kafka irrte sich gelegentlich. Denn eigentlich hatte sich Samsa gar
nicht verändert.
Handelsreisender war der Mann, ein angestellter Vertreter also. Einer
dieser Menschen, die vor der Haustür auftauchen, um etwas zu verkaufen –
Staubsauger, Versicherungen oder ganz aktuell: ein schönes Bild des
US-Geheimdienstes NSA. Dies in Deutschland an den Abnehmer zu bringen, hat
in der vergangenen Woche eine Delegation von Politikern aus den USA
versucht. Die Kanzlerin wollte sie nicht empfangen. Klar, denn der
Vertreter ist ein ungeliebter Gast, ein Ungeziefer – seht wie es kriecht,
damit andere ihm abkaufen, was sie gar nicht wollen.
Mehr oder minder seriöse Umfragen belegen, dass „Vertreter“ zu den
unbeliebtesten Berufen in diesem Land zählt, „Journalist“ ist übrigens
ähnlich verhasst. Doch zumindest die erste Abneigung ist völlig
widersinnig.
Denn der Vertreter ist der einzige, der dem Diktum, im Kapitalismus sei der
Kunde König, noch Gestalt verleiht. Interessiert es irgendeinen dieser
Telefonwarteschleifenkonzerne was ein hundertausendster Teil der Masse
namens Käufer von ihm denkt? Den Vertreter interessiert es. Seine Existenz
hängt davon ab.
Er lässt sich beleidigen, veralbern, wegschicken – und kommt dennoch
wieder. Er ist der Untertan, und wir sind endlich König. Zudem kann es um
die Allmacht der NSA nicht so gut bestellt sein, wenn sie ihre Gregor
Samsas losschicken muss, um ihre guten Absichten anzupreisen. Auch was
Schönes.
29 Nov 2013
## AUTOREN
DIR Daniel Schulz
## TAGS
DIR NSA-Skandal
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DIR Schwerpunkt Angela Merkel
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