URI: 
       # taz.de -- Biotechnologie-Forschung: Schlag gegen Gentech-Kritiker
       
       > Eine Fachzeitschrift zieht ihre Publikation über zu hohe Krebsraten bei
       > Ratten durch manipuliertes Futter zurück. Die Umstände des Widerrufs sind
       > fragwürdig.
       
   IMG Bild: Nicht falsch, aber auch nicht überzeugend: Zu wenige Versuchsratten wurden untersucht
       
       BERLIN taz | Die renommierte Fachzeitschrift Food and Chemical Toxicology
       hat sich von einer Studie distanziert, die für viele Aktivisten der
       wichtigste Beleg für Gesundheitsgefahren durch Gentechnik ist. Herausgeber
       Wallace Hayes schrieb Autor Gilles-Eric Séralini in [1][einer von
       Gentech-Gegnern veröffentlichten Mitteilung]: „Wenn Sie nicht zustimmen,
       den Artikel zu widerrufen, wird er zurückgezogen.“
       
       [2][Die im September 2012 veröffentlichte Studie] ist der bekannteste
       Hinweis auf mögliche Gesundheitsrisiken durch Gentech-Pflanzen. Séralinis
       Forschergruppe an der Universität Caen hatte den Mais NK603 und teilweise
       das Pestizid Roundup des US-Herstellers Monsanto an Ratten während deren
       gesamter Lebensdauer von etwa zwei Jahren verfüttert. Die Tiere erkrankten
       häufiger an Krebs und starben im Schnitt früher als Ratten mit
       konventionellem Futter.
       
       Besonderes Gewicht hatte die Untersuchung, weil sie in einer Zeitschrift
       erschienen ist, die ihre Artikel in einem „Peer Review“-Verfahren von
       unabhängigen Gutachtern überprüfen lässt.
       
       Doch Herausgeber Hayes kommt nun zu diesem Urteil: „Letzten Endes sind die
       vorgelegten Ergebnisse (obwohl nicht falsch) nicht überzeugend.“ Deshalb
       genügten sie nicht den Ansprüchen der Zeitschrift. Eine Untersuchung von
       Séralinis Rohdaten habe ergeben, dass mit der kleinen Zahl von Tieren in
       seinem Versuch „keine definitiven Schlussfolgerungen“ über die Rolle des
       Maises oder des Pestizids möglich seien. Da der verwendete Rattenstamm
       namens „Sprague-Dawley“ von Natur her sehr anfällig für Krebserkrankungen
       ist, könnten normale Schwankungen nicht ausgeschlossen werden.
       
       ## Höhere Fallzahl mit zu hohen Kosten
       
       [3][Séralini hatte bereits in der taz eingeräumt], dass die Tierzahl für
       eine Krebsstudie mit jeweils 10 Ratten pro Gruppe zu gering sei. „Aber eine
       Krebsstudie mit 50 Ratten kostet 20 Millionen Euro“, sagte er damals.
       Allerdings habe er seine Tumorergebnisse kombiniert, etwa mit biochemischen
       Analysen, für die 10 Tiere ausreichten. Demnach litten die mit Gentech-Mais
       gefütterten Ratten besonders häufig auch an Nierenkrankheiten.
       
       Der Wissenschaftler erklärte am Donnerstag, er werde die Studie keinesfalls
       widerrufen. Die in der Anti-Gentech-Szene einflussreiche Organisation
       [4][GMWatch] warf dem Magazin vor, gegen [5][Richtlinien seines eigenen
       Fachzeitschriftenverbands Cope] (pdf) zu verstoßen. Demnach sei es
       unzulässig, einen Artikel zurückzuziehen, weil dieser nicht überzeugend
       sei.
       
       ## Neue Personalie wirft Fragen auf
       
       GMWatch erwähnte in diesem Zusammenhang, dass der ehemalige
       Monsanto-Wissenschaftler Richard Goodman vor wenigen Monaten zum für
       Biotechnologie zuständigen Redakteur der Zeitschrift berufen wurde. Das
       „wirft Fragen auf über den Einfluss von Unternehmen“ auf die Publikation.
       Herausgeber Hayes ließ eine Bitte der taz um Stellungnahme bis
       Redaktionsschluss unbeantwortet.
       
       Der österreichische Sozialforscher Franz Seifert, der die Entwicklung der
       Gentechnik in der EU beobachtet, vermutet, dass die Distanzierung der
       Zeitschrift von Séralinis Artikel die Überzeugung von Gentech-Gegnern nicht
       erschüttern werde. „Sie werden sich lediglich darin bestätigt sehen, dass
       die Wissenschaft von der Industrie gekauft und manipuliert ist“, sagte
       Seifert zur taz. Im Übrigen tangiert die Séralini-Debatte nicht andere
       Argumente gegen die meisten Gentech-Pflanzen: zum Beispiel, dass diese
       umweltschädliche Monokulturen förderten.
       
       29 Nov 2013
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] http://www.gmwatch.org/files/Letter_AWHayes_GES.pdf
   DIR [2] http://gmoseralini.org/wp-content/uploads/2012/11/GES-final-study-19.9.121.pdf
   DIR [3] /Krebs-durch-Genmais/!102352/
   DIR [4] http://www.gmwatch.org/index.php/news/archive/2013/15184
   DIR [5] http://publicationethics.org/files/retraction%20guidelines.pdf
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Jost Maurin
       
       ## TAGS
       
   DIR Gen-Mais
   DIR Schwerpunkt Monsanto
   DIR Schwerpunkt Gentechnik
   DIR Forschung
   DIR Ratten
   DIR Schwerpunkt Gentechnik
   DIR Biotechnologie
   DIR Schwerpunkt Genmais
   DIR Landwirtschaft
   DIR Schwerpunkt Genmais
   DIR Schwerpunkt Monsanto
   DIR Schwerpunkt Gentechnik
   DIR Schwerpunkt Gentechnik
   DIR Schwerpunkt Gentechnik
   DIR Schwerpunkt Monsanto
   DIR Schwerpunkt Gentechnik
   DIR Bund
   DIR EU
   DIR Schwerpunkt Monsanto
   DIR Honig
   DIR Doping
   DIR Schwerpunkt Gentechnik
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Gentechnik in Frankreich: Parlament stoppt Monsanto
       
       Der Anbau von Genmais ist in Frankreich verboten. Das Parlament erließ ein
       Gesetz, das sich besonders gegen das Saatgut der US-Firma richtet.
       
   DIR Nylon in der Biotechnologie: Strumpfhosen aus Holzabfällen
       
       Eine echte Alternative zur Nylonsynthese aus Erdöl: Mit Hilfe eines
       Bakteriums kann der Kunststoff aus Holz gewonnen werden.
       
   DIR Gen-Mais als Risiko für die Natur: Angst vor dem Giftmais
       
       Deutschlands Naturschutzbehörde hält den Gen-Mais 1507 für ein Risiko. Er
       könnte neben Schädlingen auch andere Tiere töten.
       
   DIR Landwirt über den Anbau von Gen-Mais: „Die Technik wird verteufelt“
       
       Dem Landwirt Harald Nitzschke ist der Widerstand in der Bevölkerung egal:
       Er will unbedingt Gentech-Mais anbauen und sieht darin keine
       Gesundheitsgefahr.
       
   DIR Kommentar Genmais-Entscheidung: Merkels Manipulation
       
       Die Kanzlerin hofft offenbar, dass sich Menschen genauso leicht
       manipulieren lassen wie Maisgene. Aber diesmal hat sich Angela Merkel
       möglicherweise verzockt.
       
   DIR Saatgutfabrik in Argentinien: Richter stoppen Monsantos Pläne
       
       In Argentinien probt eine Nachbarschaftsvereinigung den Aufstand gegen
       Monsanto. Nach ihrer Klage hat ein Gericht den Bau einer Saatgutfabrik des
       Konzerns blockiert.
       
   DIR Anti-Gentech-Aktivist über Mais-Studie: „Das Immunsystem reagiert“
       
       Christoph Then von der Organisation Testbiotech antwortet auf die Aussagen
       des Vorsitzenden der Gentechnik-Lobby Innoplanta. Er warnt vor
       Leichtsinnigkeit.
       
   DIR Gentechnik-Lobbyist über Mais-Studie: „Zufälliges Auftreten von Krebs“
       
       Für Karl-Friedrich Kaufmann, Vorsitzender von Innoplanta, stellt Gen-Mais
       kein Risiko dar. Keine ernstzunehmende Studie würde dies beweisen.
       
   DIR Streit über Gen-Mais-Studie: Kritische Forscher wehren sich
       
       Ein Fachblatt widerruft eine umstrittene Untersuchung zu
       Gesundheitsgefahren von „Gen-Mais“. Die Autoren drohen mit
       Schadenersatzforderungen.
       
   DIR Mutmaßlicher Angriff auf Öko-Aktivistin: „Monsanto soll mich nicht schlagen“
       
       Sofía Gatica engagiert sich gegen eine Monsanto-Anlage in Argentinien. Nun
       wurde sie nach eigenen Angaben von zwei Männern verprügelt.
       
   DIR Pharmamanager über Biotechnologie: „Grüne Gentechnik wird gebraucht“
       
       Innovationen und nicht knappe Ressourcen befördern die pflanzenbasierte
       Wirtschaft. Das meint der Vorsitzende der Deutschen Industrievereinigung
       Biotechnologie.
       
   DIR BUND nimmt Pestizid-Video zurück: Bauern sind doch keine Babykiller
       
       Der BUND verzichtet auf einen Clip gegen Pestizide. Darin wurden Landwirte
       in die Nähe von Kindermördern gerückt. Nicht nur Bauern fanden das zu
       drastisch.
       
   DIR Pläne der EU: Gen-Mais im Frühling
       
       Schon 2014 könnte genetisch veränderter Mais angepflanzt werden. Die
       EU-Kommission hat den Weg frei gemacht. Dabei war die Gen-Kartoffel ein
       Flop.
       
   DIR Sieg für Umweltaktivisten: Deutschlands Felder gentech-frei
       
       Nicht mal mehr im Versuchsanbau: 2013 wachsen das erste Mal seit 20 Jahren
       in Deutschland keine Gentech-Pflanzen unter freiem Himmel.
       
   DIR Urteil des Bundesverwaltungsgerichts: Kein Schutz für Honig
       
       Ein bayerischer Imker wollte Genmais von seinen Bienen fernhalten. Das
       Bundesverwaltungsgericht erklärte seine Klage für unzulässig.
       
   DIR Gendoping im Sport: Von Mäusen und Muskeln
       
       Muskelwachstum lässt sich gentechnisch beeinflussen. Was in Laboren zum
       Patientenwohl erforscht wird, beobachtet das Sportbusiness mit großem
       Interesse.
       
   DIR Kommentar Laborgemüse in Babynahrung: Jetzt gibt es keine Ausreden mehr
       
       Wenn sogar im Bio-Baby-Brei gentechnik-ähnliche Verfahren genutzt werden,
       ist das ein Skandal. Die Verbraucher haben ein Recht auf Information.