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       # taz.de -- Hohe Strafen für Whistleblower in Japan: Pressefreiheit in Gefahr
       
       > Whistleblower wie Edward Snowden sollen in Japan mit Androhung hoher
       > Haftstrafen abgeschreckt werden. Kritiker fürchten auch eine
       > Einschränkung der Pressefreiheit.
       
   IMG Bild: Premierminister Shinzo Abe (3.v.l.) und seine Kabinettsmitglieder bedanken sich beim Unterhaus für die Annahme ihres Gesetzes.
       
       TOKIO dpa | Trotz massiver öffentlicher Kritik hat die japanische Regierung
       von Ministerpräsident Shinzo Abe ein Gesetz zur verschärften Bestrafung von
       Geheimnisverrat durch das Unterhaus des Parlaments gepeitscht. Die
       maßgebliche Kammer stimmte am Dienstag mit der Mehrheit der
       Regierungskoalition für den Gesetzesentwurf. Nun muss noch das Oberhaus
       abstimmen.
       
       Künftig soll die Weitergabe „bestimmter Geheimnisse“ zum Schutz der
       nationalen Sicherheit durch Beamte, Abgeordnete oder andere Personen mit
       bis zu zehn Jahren Gefängnis bestraft werden. Bisher drohte Whistleblowern
       in Japan höchstens ein Jahr Haft. Kritiker befürchten einen folgenschweren
       Eingriff in die Pressefreiheit des Landes.
       
       Das Gesetzesvorhaben der Regierung löste in der Bevölkerung eine Welle der
       Besorgnis und Widerstand aus. Journalisten, Anwälte und
       Menschenrechtsorganisationen befürchten, dass der Staat nach eigenem
       Gutdünken festlegen könne, welche Informationen „bestimmte Geheimnisse“
       seien. Das Gesetz sei zu vage gehalten, so dass es vom Staat auch auf
       andere Informationen wie die Lage in der Atomruine Fukushima ausgeweitet
       werden könne. „Die Verabschiedung des Gesetzes wird helfen, die nationale
       Sicherheit zu schützen“, erklärte Abe.
       
       Es sei eine Voraussetzung für Japan, um sensible Informationen mit
       verbündeten Ländern wie dem Sicherheitspartner USA auszutauschen, sagte
       Abe. Zugleich soll ein Nationaler Sicherheitsrat nach US-Vorbild gegründet
       werden.
       
       ## Verschärfte Sicherheitslage
       
       Das Gesetz passierte das Unterhaus zu einer Zeit, da sich die
       Sicherheitslage in Ostasien wegen eines Inselstreits zwischen Japan und
       China verschärft. China hat seinen militärischen Luftraum über die
       umstrittenen Senkaku-Inseln (chinesisch: Diaoyu-Inseln) im Ostchinesischen
       Meer ausgeweitet, womit die Gefahr einer Konfrontation zwischen
       chinesischen und japanischen Militärflugzeugen über dem Meeresgebiet
       gewachsen ist.
       
       Mehrere Oppositionsparteien warfen Abe vor, das Gesetz ohne ausreichende
       Debatten durchzudrücken. Auch Experten befürchten, dass eine strengere
       Kontrolle von Informationen das Recht der Bevölkerung auf Informationen und
       die Pressefreiheit einschränken könnte. Abe erklärte, die Sorgen der
       Öffentlichkeit im Oberhaus zerstreuen zu wollen. Die Regierung versicherte
       im Vorfeld, dass dem Recht der Bürger auf Informationen in hohem Maße
       Rechnung getragen werde.
       
       Dem Gesetz nach bleiben „bestimmte Geheimnisse“ in den Bereichen
       Diplomatie, Verteidigung, Anti-Terrorkampf und Spionage bis zu 60 Jahre
       lang unter Verschluss. Details wie über Waffen, Sicherheitscodes und
       Verhandlungen mit anderen Staaten bleiben darüber hinaus der Öffentlichkeit
       unzugänglich. Die Regierung ließ sich laut Medien auf wenige
       Änderungsforderungen der Opposition ein.
       
       ## 400.000 japanische Staatsgeheimnisse
       
       So hat der Ministerpräsident nun die Autorität, die Zulässigkeit der
       Einstufung von Informationen als „Sondergeheimnis“ durch Minister seiner
       Regierung oder Leiter staatlicher Behörden zu überprüfen. Gegner halten es
       für „absurd“, dass ausgerechnet der Regierungschef mit dieser Aufgabe
       betraut wird. Die Regierung sagte laut Medien zu, auch die Option eines
       unabhängigen Überprüfungsgremiums prüfen zu wollen. Laut Abe hat Japan mehr
       als 400.000 Staatsgeheimnisse, wobei es sich laut Medien bei vielen davon
       um Satellitenaufnahmen handelt.
       
       Anlass für die umstrittene Gesetzesinitiative der Regierung war ein Vorfall
       2010, bei dem ein Mitglied der japanischen Küstenwache Videobilder vom
       Zusammenstoß zwischen zwei Schiffen der Küstenwache mit einem chinesischen
       Fischerboot vor der umstrittenen Inselgruppe im Ostchinesischen Meer ins
       Internet gestellt hatte. Daraufhin hatten bereits Abes Vorgänger ein Gesetz
       gegen Geheimnisverrat erwogen.
       
       26 Nov 2013
       
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