URI: 
       # taz.de -- Jüdischer Friedhof in Oldenburg: Schon wieder Hakenkreuze
       
       > Wieder wurde Oldenburgs jüdischer Friedhof mit Hakenkreuzen beschmiert.
       > Die Polizei verdächtigt einen Neonazi.
       
   IMG Bild: Auch in Oldenburg zu sehen: Hakenkreuze auf jüdischen Gräbern (Symbolbild)
       
       BREMEN taz | Jehuda Wältermann ist am Montag genötigt, den ganzen Tag das
       Selbstverständliche zu wiederholen. Journalisten melden sich bei dem
       Vorsitzenden der Jüdischen Gemeinde zu Oldenburg, wollen wissen, ob er
       schockiert, betroffen, entsetzt oder empört sei über die Schändung des
       jüdischen Friedhofes. Auf acht Grabsteine wurden in der Nacht zu Sonntag
       Hakenkreuze geschmiert, an die Friedhofshalle das Wort „Jude“ geschrieben.
       
       „Natürlich ist man schockiert“, sagt Wältermann. „Es ist die Verherrlichung
       eines präzise durchgeplanten, industriellen Massenmords.“ Die Ideologie,
       die zur Shoah führte, werde weitergegeben und sei noch in den Köpfen. Taten
       wie die vom Wochenende zeigten das. „Nach 75 Jahren ist eben nicht alles
       vorbei, es wird niemals vorbei sein“, sagt Wältermann. Besonders schwer sei
       es gewesen, einer Witwe aus seiner Gemeinde sagen zu müssen, dass auch das
       Grab ihres Mannes betroffen ist.
       
       Die Polizei hält einen 32-jährigen bekannten Neonazi für dringend
       tatverdächtig. Beamte hatten ihn am Samstagabend gestellt, nachdem Anwohner
       ihn bei Hakenkreuz-Schmierereien an einer Autobahnbrücke beobachtet hatten.
       Im gesamten Umfeld des Friedhofes im Stadtteil Osternburg waren Hakenkreuze
       gesprüht worden, unter anderem auf dem Gelände der nahen
       Helene-Lange-Schule. Auch Aufkleber des Neonazi-Netzwerks „Freies Netz“ und
       der NPD-Jugendorganisation „JN“ wurden im Stadtteil angebracht.
       
       Einen Zusammenhang zu einem Brandanschlag auf ein Sinti und Roma-Zentrum in
       Oldenburg im Oktober schließt die Polizei aus. Ein 25-Jähriger hat
       inzwischen gestanden, die Fußmatte des Zentrum angezündet zu haben, ein
       politisch motivierter Tathintergrund bestehe nicht.
       
       Anders bei der Friedhofsschändung. Erst am Sonntag hatte die Polizei davon
       erfahren, nachdem der Neonazi schon wieder frei gelassen worden war. Die
       Staatsanwaltschaft Oldenburg beantragte daraufhin eine Hausdurchsuchung.
       Der 32-Jährige sei an seiner Meldeadresse am Sonntag nicht anzutreffen
       gewesen.
       
       ## „Kameradschaft Oldenburg“ am Werk?
       
       Gemeindevorsitzender Jehuda Wältermann sieht bei der Friedhofschändung eine
       Systematik: „Es ist fast auf den Tag genau zwei Jahre her seit der letzten
       Schändung.“ Ein paar Wochen nachdem mit Ulrich Eigenfeld ein NPD-Politiker
       in den Stadtrat gewählt wurde, hatten im November 2011 fünf Vermummte mit
       Farbbeuteln die Grabsteine des jüdischen Friedhofs beschmiert – auch damals
       genau in der Nacht vor dem Totensonntag. Verdächtigt wurden fünf Neonazis,
       darunter vier Mitglieder der NPD. Im November 2012 wurde ein 21-jähriger
       Neonazi zu einer zweijährigen Bewährungsstrafen verurteilt. Auf ihrer
       Website distanziert sich die NPD von den aktuellen
       Hakenkreuz-Schmierereien.
       
       Die Oldenburger „Antifa Elf“ geht indes von mehr als einem Einzeltäter aus.
       Sie berichtet, dass in der Tatnacht eine vierköpfige Gruppe der
       „Kameradschaft Oldenburg“ in der Nähe des Friedhofes gesehen worden sei.
       Laut Antifa seien deren Mitglieder durchaus zu militanten Aktionen bereit
       und hielten engen Kontakt zur NPD. Am 29. September hätten
       Kameradschafts-Mitglieder mit an einem Infotisch der Partei in Oldenburg
       gestanden, neun Tage vorher habe die NPD die Kameradschafts-Mitglieder zu
       ihrem Stammtisch eingeladen. Die Kameradschaft bestehe aus einer Hand voll
       Leuten. Seit sie sich im Sommer 2013 neu gegründet habe, hätten
       Schmierereien in der Stadt stark zugenommen.
       
       Mehrfach ist das linke Zentrum Alhambra mit Parolen besprüht worden.
       Zuletzt wurden am Wochenende des 9. Novembers im Stadtteil Osternburg
       Hakenkreuze gesprüht und Neonazi-Aufkleber verteilt, an das Gebäude des
       Bürgersenders O-Eins wurde die Parole „Medien Lügen“ gesprüht.
       
       Gegen die Friedhofschändung und aus Solidarität mit der jüdischen Gemeinde
       riefen Oldenburger Bürger für Montagabend zu einer Mahnwache auf.
       
       26 Nov 2013
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Jean-Philipp Baeck
       
       ## TAGS
       
   DIR Jüdischer Friedhof
   DIR Schwerpunkt Neonazis
   DIR Hakenkreuz
   DIR Antisemitismus
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Michael Fürst über Antisemitismus: „Man muss das genau beobachten“
       
       Ein jüdischer Friedhof wurde geschändet – wohl von Rechten. Einige fürchten
       nun, dass mit den Flüchtlingen der Antisemitismus zunimmt. Der Chef des
       jüdischen Gemeindeverbands Niedersachsen nicht
       
   DIR Farbanschlag auf jüdischen Friedhof: Braun schmiert weiß
       
       Unbekannte werfen Farbbeutel auf den jüdischen Friedhof in Oldenburg und
       verletzen einen Polizisten. Die Polizei glaubt an einen rechtsextremen
       Hintergrund.