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       # taz.de -- UN-Resolution gegen Überwachung: Menschenrecht auf Privatsphäre
       
       > Brasilien und Deutschland bringen eine Resolution gegen die Spähaktionen
       > der NSA ein. Auf Initiative der USA wurde die Ursprungsversion
       > verwässert.
       
   IMG Bild: Man muss nicht immer alles wissen
       
       BERLIN taz | Die Ausspähaktionen des US-Geheimdiensts NSA erreichen die
       Vereinten Nationen: An diesem Dienstag wird der für Menschenrechte
       zuständige Dritte Ausschuss der UN-Generalversammlung voraussichtlich einen
       gemeinsam von Deutschland und Brasilien eingebrachten Resolutionsentwurf
       verabschieden. Der Titel lautet „Das Recht auf Privatsphäre im digitalen
       Zeitalter“. Kommende Woche wird die Resolution wohl von der
       Generalversammlung mit großer Mehrheit angenommen werden. Ohne auf den
       US-amerikanischen Geheimdienst NSA explizit einzugehen, verurteilt die
       Resolution deren Praktiken.
       
       Sowohl die brasilianische Präsidentin Dilma Rousseff als auch
       Bundeskanzlerin Angela Merkel hatten erfahren, dass ihre persönliche
       Mobilfunkgespräche von der NSA ausgeforscht worden waren. Die gemeinsam
       eingebrachte Resolution, der sich inzwischen rund 20 weitere Staaten als
       Kosponsoren angeschlossen haben, ist der Ausdruck geteilter Empörung. Unter
       den Unterstützern sind neben Frankreich, der Schweiz und Mexiko auch
       zahlreiche lateinamerikanische Linksregierungen, darunter Kuba, Venezuela,
       Ecuador, Bolivien, Uruguay und Argentinien.
       
       Jedoch ist der Entwurf, der zur Verabschiedung steht, gegenüber der
       Ursprungsfassung verwässert worden. [1][Im neuen Text, der der taz
       vorliegt], fehlt der Hinweis, dass es sich bei der Ausspähung um
       „Menschenrechtsverletzungen“ handelt. Jetzt heißt es, man sei besorgt über
       die negativen Folgen, die solche Ausspähung für die Ausübung der
       Menschenrechte haben könne.
       
       In diesem Punkt haben sich die USA klar durchgesetzt. In einem [2][internen
       Strategiepapier der US-Verhandler, das von einem US-Blog veröffentlicht
       worden war], war explizit darauf hingewiesen worden, diese Formulierung zu
       verändern. „So wie sich der Text jetzt liest, bedeutet er, dass Staaten
       eine internationale Menschenrechtsverpflichtung haben, die Privatsphäre von
       ausländischen Bürgern außerhalb der USA zu respektieren, und das ist nicht
       die Haltung der USA zum UN-Zivilpakt“, hieß es in der Handreichung für die
       US-Verhandler.
       
       Auch an anderen Stellen wurden Bezüge verändert. So taucht das Wort
       „illegal“ im Zusammenhang mit Ausspähmaßnahmen nicht mehr auf – es wurde
       durch „ungesetzlich“ ersetzt. Das entspricht der US-Position, dass die
       Ausspähung von Nicht-US-Bürgern außerhalb der USA der Gesetzeslage in den
       Vereinigten Staaten entspricht.
       
       ## Bericht angefordert
       
       Das Auswärtige Amt ist mit der jetzt ausgehandelten Version dennoch
       zufrieden. Vor allem, so ein Sprecher gegenüber der taz, ordne die
       Resolution die Verletzung der Privatsphäre in einen
       Menschenrechtszusammenhang ein. In Absatz 5 der Resolution wird die
       UN-Hochkommissarin für Menschenrechte aufgefordert, einen „Bericht über den
       Schutz und die Umsetzung des Rechts auf Privatsphäre im Kontext nationaler
       und extraterritorialer Überwachung und/oder Anzapfen digitaler
       Kommunikation und der Sammlung von Personendaten“ anzufertigen, der dann
       debattiert werden soll. Damit, so der Sprecher des Auswärtigen Amtes, sei
       sichergestellt, dass das Thema auf der UN-Agenda bleibe.
       
       Kritik am veränderten Entwurf äußerte der Grünen-Abgeordnete Hans-Christian
       Ströbele. Die Bundesregierung „wagt nicht einmal mehr, die Tatsache zu
       benennen, dass die massenhafte Ausspähung der Kommunikation die
       Menschenrechte der betroffenen Bevölkerung verletzt“, erklärte Ströbele.
       „Hoffentlich bleibt die Bundesregierung nicht derart mutlos und willfährig.
       Sonst wird sie niemals einen wirksamen Schutz der Deutschen vor
       übermächtiger Ausspähung, vor allem durch die NSA, erreichen“, heißt es in
       der Erklärung weiter.
       
       Resolutionen der Generalversammlung sind reine Willensbekundungen. Im
       Unterschied zu Resolutionen des UN-Sicherheitsrats sind sie rechtlich nicht
       bindend.
       
       25 Nov 2013
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /static/pdf/the_right_to_privacy_in_the_digital_age.pdf
   DIR [2] http://columlynch.tumblr.com/post/67588682409/right-to-privacy-in-the-digital-age-u-s
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Bernd Pickert
       
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