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       # taz.de -- Menschenverstand für Computer: Denkst du, was ich denke?
       
       > Wissenschaftler aus Pittsburgh wollen Computern gesunden Menschenverstand
       > beibringen. Möglich machen soll das die Bewertung von Bildern.
       
   IMG Bild: „Zebras leben in Savannen und sehen Tigern ähnlich“: Das Erkennen von Zusammenhängen kommt Menschenverstand nahe
       
       PITTSBURGH ap | Computer können schon viel, erschreckend viel manchmal.
       Jetzt sollen sie etwas Neues lernen: so etwas wie gesunden
       Menschenverstand.
       
       Daran arbeiten jedenfalls Wissenschaftler an der Carnegie Mellon University
       in Pittsburgh (US-Staat Pennsylvania). Sie lassen ein massives
       Computersystem Millionen von Bildern durchforsten und es dann selbst
       entscheiden, was sie alle bedeuten.
       
       Das System heißt NEIL, ein Kürzel für [1][„Never Ending Image Learning“] -
       übersetzt ungefähr „Unendliches Lernen von Bildern“. Mitte Juli begann NEIL
       damit, rund um die Uhr das Internet nach Abbildungen abzusuchen und dann,
       in kleinen Schritten, selbst zu entscheiden, was diese miteinander zu tun
       haben.
       
       Das Ziel ist die Entwicklung künstlicher Intelligenz, der Fähigkeit, Dinge
       zu lernen, ohne dass sie speziell gelehrt worden sind. Eben das, was wir
       gesunden Menschenverstand nennen. „Jedes intelligente Wesen benötigt
       gesunden Menschenverstand, um Entscheidungen zu treffen“, sagt Abhinav
       Gupta vom Robotics Institute der Universität.
       
       Finanziert wird das Projekt von Google und der [2][Pentagon-Behörde für
       Marine]-Forschung. NEIL analysiert und identifiziert die Formen und Farben
       in Bildern, aber entdeckt nach und nach auch eigenständig Verbindungen
       zwischen Objekten.
       
       Zum Beispiel hat das System von selbst begriffen, dass Zebras zumeist in
       Savannen vorkommen und Tiger ihnen äußerlich etwas ähneln. In gerade mal
       gut vier Monaten hat das Netzwerk von 200 Rechnern 1400 Objekte sowie
       Szenen identifiziert und eigenständig 2500 Zusammenhänge entdeckt.
       
       ## Merkwürdige Verbindungen
       
       Manche der vom Computer gefundenen Verbindungen sind falsch, wie etwa „ein
       Nashorn kann eine Art von Antilope sein“. Einige sind merkwürdig, wie
       beispielsweise „Schauspieler kann in einer Gefängniszelle gefunden werden“
       oder „Nachrichtenmoderator kann ähnlich wie Barack Obama aussehen“.
       
       Aber wie Gupta erläutert, ist es auch eine gänzlich andere Herausforderung,
       einen Computer eigene „gedankliche“ Verbindungen herstellen zu lassen als
       einen Supercomputer so zu programmieren, dass er eine spezielle Sache sehr
       gut macht oder auch schnell.
       
       Zum Beispiel Schachspielen. 1985 gelang es Forschern an der Universität,
       einen Computer entsprechend zu programmieren, und zwölf Jahre später musste
       sich Weltmeister Garry Kasparow einem solchen elektronischen Schachgenie
       geschlagen geben.
       
       Menschen fällten stets Entscheidungen auf der Basis einer „Riesenmenge
       unausgesprochener Annahmen“, Computer nicht, sagt Catherine Havasi,
       Expertin für künstliche Intelligenz am Institute of Technology in
       Massachusetts.
       
       Menschen könnten auch auf einige Fragen schnell antworten, die einem
       Computer länger zu schaffen machten. „Könnte eine Giraffe in dein Auto
       passen?“ fragt Havasi. „Wir hätten eine Antwort, ohne darüber nachgedacht
       zu haben“ - das heißt, ohne Zeit dafür aufgewendet zu haben, die
       Körpermasse einer Giraffe einzuschätzen.
       
       ## „Zebra, Zebra, Zebra“
       
       Robert Sloan, Chef der Abteilung für Computerwissenschaffen an der
       University of Illinois in Chicago, meint, dass das NEIL-Projekt
       „interessante Antworten“ bringen könnte. Denn allein schon das Benutzen von
       Sprache bei der „Ausbildung“ von Computern habe „alle möglichen Probleme",
       sagt der Experte. „Was mich besonders beeindrucken würde, ist, wenn sie
       beständig „Zebra, Zebra, Zebra“ sagen können, wenn sie das Tier an
       verschiedenen Orten sehen.“
       
       Gupta ist auf jeden Fall schon hocherfreut über die bisherigen Ergebnisse.
       „Als wir mit dem Projekt anfingen, waren wir nicht sicher, ob es
       funktionieren würde“, sagt der Professor. „Das ist erst der Anfang.“ So
       soll NEIL etwa in der Zukunft YouTube-Videos analysieren, um Verbindungen
       zwischen den Objekten zu suchen.
       
       Weder Google noch die Behörde für Marine-Forschung haben auf Anfragen
       geantwortet, warum sie das Projekt finanzieren. Aber es gibt einige
       Hinweise. So wird etwa auf der Webseite der Pentagon-Behörde festgestellt,
       „dass das Gefechtsumfeld von heute viel komplexer ist als in der
       Vergangenheit“. Und „das Ausmaß, in dem Daten beim
       Entscheidungsträger-System eintreffen, wächst, während die Zahl der
       Menschen, die für die Umsetzung der Daten ... zur Verfügung steht,
       abnimmt.“
       
       Mit anderen Worten, Computer könnten bei künftigen Militäreinsätzen einige
       der Entscheidungen fällen. Zumal, wie es jedenfalls auf der Webseite heißt,
       „in vielen Operationsszenarios menschliche Präsenz keine Option ist“.
       
       25 Nov 2013
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] http://ladoga.graphics.cs.cmu.edu/xinleic/NEILWeb/index.php?category=Scenes&class=bar
   DIR [2] http://www.pentagonmarine.com/home/
       
       ## TAGS
       
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