# taz.de -- E-Mails von Europaabgeordneten: Hacker liest mit
> Ein Hacker soll sich Zugang zum E-Mail-Verkehr mehrerer Abgeordneter des
> Europaparlaments verschafft haben. Er tat dies über einen
> Synchronisationsdienst von Microsoft.
IMG Bild: Der Hacker nutzte offensichtlich das W-Lan des Parlaments in Straßburg.
STRASSBURG afp | Ein Hacker ist nach Informationen des französischen
[1][Enthüllungsportals Mediapart] in den E-Mail-Verkehr mehrerer
Europaabgeordneter, Assistenten und Parlamentsmitarbeiter eingedrungen. Er
habe sich Zugang zu zehntausenden beruflichen und privaten E-Mails
verschafft, aber auch zu vertraulichen Unterlagen und Adressenlisten,
berichtete Mediapart am Donnerstag.
Der Bericht nennt mehrere Parlamentarier, die Opfer des Hackers geworden
sein sollen. Unter ihnen ist demnach auch der CDU-Europaabgeordnete Markus
Pieper.
Dem Internetpiraten zufolge sei das Eindringen in den E-Mail-Verkehr des
Parlaments ein „Kinderspiel“ gewesen, hieß es in dem Bericht. Der Hacker
benutzte demnach einen billigen Laptop und ließ sich damit in der Nähe des
Europaparlaments in Straßburg nieder. Dort profitierte er vom drahtlosen
Internet des Parlaments und von einem Service von Microsoft namens „Active
Sync“. Dieser Service schaltet sich regelmäßig in den E-Mail-Server des
Parlaments ein, um zu überprüfen, ob ein Smartphone-Benutzer neue E-Mails
erhalten hat.
Indem sich der Hacker zwischen das Smartphone und einen Microsoft-Server
schaltete, konnte er dem Bericht zufolge die Zugangscodes der Benutzer
erhalten. Damit konnte er sich anschließend Zugang zu deren E-Mail-Verkehr
verschaffen. Zwar warne das Telefon mit einer Kurznachricht vor dem
Eindringling, „doch die meisten Nutzer drücken auf OK, ohne die Nachricht
überhaupt zu lesen“, erläuterte der Pirat gegenüber Mediapart.
## „Offene Sicherheitslücken“
Der deutsche Grünen-Abgeordnete und Datenschutzexperte Jan Philipp Albrecht
reagierte „absolut erschrocken“. Sollte sich der Bericht bestätigen, wäre
dies der Beweis für „offene Sicherheitslücken in den Systemen des
Parlaments“, teilte er der Nachrichtenagentur AFP mit. Die EU-Institutionen
müssten „endlich auf sichere IT-Dienste aus Europa“ wechseln.
Zudem sei es mehr als fraglich, ob die hier betroffenen Produkte und
Dienstleistungen den Datenschutzstandards der EU entsprächen. „Sollten sich
die Lücken bestätigen, müssten auch die Datenschutzbehörden Konsequenzen
ziehen“, forderte Albrecht.
Der Sprecher des Europaparlaments, Jaume Duch, nannte die Vorwürfe „ernst“.
Das Problem betreffe aber keinesfalls nur das Europaparlament. Das in dem
Bericht beschriebene Vorgehen werde von „Hackern in aller Welt“ genutzt.
Die technischen Dienste des Parlaments würden nun überprüfen, was genau
passiert sei. Alle notwendigen Maßnahmen zur Sicherung des Systems würden
ergriffen. In dieser Woche hatte das Präsidium des Europaparlaments
beschlossen, eine eigene Abteilung für die Sicherheit seines
Telekommunikationssystems einzurichten.
21 Nov 2013
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DIR [1] http://www.mediapart.fr/journal/international/211113/les-mails-des-eurodeputes-ont-ete-pirates-par-un-hacker
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