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       # taz.de -- Pressefreiheit in Bayern: Jagd nach dem Spitzel
       
       > Der Lokaljournalist Hubert Denk berichtete nur über eine kontroverse
       > Parteispende. Nun wird gegen den bayerischen Journalisten ermittelt.
       
   IMG Bild: „Kennen Sie Hubert Denk?“ Der Lokaljournalist steht auf einer Brücke in Passau
       
       Hubert Denk ist Lokaljournalist. Der Herausgeber des Bürgerblicks Passau
       schreibt für das Monatsmagazin über die vollen Hörsäle in der Uni, die
       widereröffnete Kultkneipe in der Stadt und manchmal auch die
       Gerichtsprozesse aus der Region.
       
       Im Januar 2010 berichtete der 53-jährige Denk über den „Fall Schottdorf“.
       Der Großlaborbesitzer Bernd Schottdorf spendete 20.000 Euro an die CSU und
       sendete einen Begleitbrief an Stoiber: „Als langjähriges Mitglied der CSU
       erwarte ich, dass jetzt endlich eine Änderung in Deutschland erreicht
       werden kann. Anliegend übersende ich Ihnen einen Spendenscheck für die CSU
       in der Hoffnung, dass er mithilft, den angestrebten Erfolg zu erreichen.“
       
       Die Spende war legal. Ein Vorermittlungsverfahren wurde daher eingestellt.
       Denk, dem das Schreiben vorliegt, berichtete über die Spende und das
       Verfahren gegen Schottdorf. Denn gegen den Labormediziner Schottdorf wird
       seit vielen Jahren ermittelt. Er soll Krankenkassen um Millionen betrogen
       haben. Die Anklage vor dem Landgericht Augsburg wurde bis heute jedoch
       nicht zugelassen. Eine inzwischen 700 Seiten dicke Akte wurde angelegt,
       aber nicht über Schottdorf, sondern über den Journalisten Denk.
       
       Es ist nicht der erste Einschüchterungsversuch. Hubert Denk legte sich
       schon mit Florian Silbereisen und der Möbelhauskette XXXLutz vor Gericht
       an. Der Schlagerpromi wollte einen Artikel über ein Familienmitglied
       verbieten lassen, in dem Silbereisen namentlich erwähnt wird. Denk
       berichtete ebenfalls über die Ausbeutung der Lehrlinge des
       Möbelunternehmens Lutz. Gewonnen hat Denk sowohl vor dem Landgericht
       Hamburg als auch vor dem Landgericht Passau.
       
       ## Details aus der Akte
       
       Doch dieser Fall ist anders. 35 LKA-Beamte wurden verhört, die im Verdacht
       standen, Denk die Unterlagen zur Spende zugespielt zu haben. Elf Fragen
       wurden ihnen gestellt, die elfte lautete: „Kennen Sie Hubert Denk“, sagt
       der Lokaljournalist. Er entnimmt diese Details seiner Akte.
       
       Auch der E-Mail-Verkehr der Beamten sei durchleuchtet worden, sagt Hubert
       Denk. Er findet Auszüge der Mails ebenfalls im Aktenordner. Die Beamten
       unterhalten sich intern über die Verhöre und über Merkwürdigkeiten, die
       ihnen in ihrer Umgebung auffallen, so Denk. Die Kripo tat alles, um
       herauszufinden, wo die undichte Stelle ist.
       
       „Ich glaube, dass mein Telefon abgehört wird“, sagt Denk. Gespräche werden
       nur verzögert aufgebaut. Die Staatsanwaltschaft München I ermittelt nun
       seit Mai 2010 gegen den 53-Jährigen. Erfahren hat Denk jedoch erst davon,
       als die Staatsanwaltschaft ihm vor wenigen Wochen eine Vorladung schickte.
       Er wurde vorgeladen wegen „Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes“ sowie
       „Anstiftung zur Verletzung des Dienstgeheimnisses“.
       
       ## Denk soll Faxe mitgelesen haben
       
       Ihm wird vorgeworfen, den Faxverkehr zwischen Schottdorf und seinen
       Anwälten abgefangen zu haben oder einen Beamten angestiftet zu haben, ihm
       die Akten zuzuspielen und so gegen das Dienstgeheimnis zu verstoßen.
       „Absurd“, finden das Denk und sein Anwalt.
       
       „Ich habe noch nie ein Amt bestochen und auch Faxe kann ich nicht
       mitlesen“, sagt der Journalist Hubert Denk. Ihm ist zum Weinen und zum
       Lachen. „Hier will man eine undichte Stelle finden, die den typischen
       bayerischen Filz zwischen Politik und Justiz aufgezeigt hat.“ Denk und sein
       Anwalt haben eine Einstellung des Verfahrens beantragt.
       
       22 Nov 2013
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Svenja Bednarczyk
       
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