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       # taz.de -- Freundschaftsspiel England-Deutschland: Per Kopf
       
       > Einem gänzlich umgekrämpeltem deutschen Team gelingt in London ein
       > ungefährdeter 1:0-Sieg. Das Tor des Abends erzielte der Dienstälteste,
       > Per Mertesacker.
       
   IMG Bild: Per Mertesacker sieht das Glück schon kommen
       
       LONDON dpa | Angeführt vom Wahl-Engländer Per Mertesacker hat die deutsche
       Fußball-Nationalmannschaft auch mit einer Zweitbesetzung wieder einen Sieg
       im Wembleystadion eingefahren. Der Ersatz-Kapitän sorgte am Dienstagabend
       vor 85 934 Zuschauern mit einem platzierten Kopfball in der 39. Minute für
       den 1:0 (1:0)-Erfolg des DFB-Teams, gegen England, der aber kein Glanzlicht
       in der langen Geschichte des Länderspiel-Klassikers war.
       
       „Wir haben eine enorm hohe Zahl an guten Spielern. Es wird interessant, wen
       der Bundestrainer aufbietet. Wir wollen bei der WM auf einem Top-Level
       sein, nicht jetzt. Das war heute nur ein Warmwerden, mehr nicht“, sagte
       Mertesacker.
       
       Für Bundestrainer Joachim Löw, der viel mit seinen WM-Kandidaten
       experimentierte, war es auf dem Weg zur Titelmission in Brasilien dennoch
       ein erfreulicher Abschluss des Länderspieljahres mit insgesamt neun Siegen,
       zwei Unentschieden und nur einer Niederlage im Mai beim 3:4 gegen die USA.
       Und dennoch war der DFB-Chefcoach nicht ganz zufrieden. „Wir hätten das
       zweite Tor machen müssen. Sonst läuft man Gefahr, bei einem Standard den
       Ausgleich zu bekommen“, begründete Löw, warum er in der zweiten Halbzeit
       oft energisch an der Seitenlinie gestikulierte.
       
       Zum sechsten Mal in Serie verließ Deutschland gegen die Three Lions in
       Wembley als Sieger den Platz. England konnte daheim gegen Deutschland
       zuletzt vor 38 Jahren gewinnen. Glück hatte Torwart-Debütant Roman
       Weidenfeller, das ein Distanzschuss des besten Engländers, Andros Townsend,
       in der 57. Minute an den Pfosten klatschte. Ansonsten hatte der Dortmunder
       praktisch keine Gelegenheit, sich auszeichnen zu können. „Torwartspezifisch
       gab es nicht all zu viel“, sagte der BVB-Schlussmann. Aber: „Es kann so
       weiter gehen.“
       
       Ohne geschonte Stammkräfte wie Kapitän Philipp Lahm, Torwart Manuel Neuer,
       Mesut Özil oder den nach seinem Kreuzbandriss lange fehlenden Sami Khedira
       setzte Löw auf eine extrem unerfahrene Mannschaft. Arsenal-Verteidiger
       Mertesacker war im 95. Länderspiel der mit Abstand Erfahrenste und zudem
       der Einzige im DFB-Team, der schon beim letzten Sieg in Wembley im August
       2007 (2:1) dabei gewesen war. Bei nur noch einem Test vor der
       WM-Nominierung am 5. März in Stuttgart gegen Chile machte der Bundestrainer
       den Klassiker bewusst zum Experimentierfeld.
       
       ## Sorgen um Hummels
       
       Trotz der Rotation setzte Löw fast paritätisch auf Kräfte aus München und
       vom BVB. Vier Tage vor dem Topduell in der Bundesliga standen drei Bayern-
       und vier Dortmund-Spieler in der Startelf – da konnte sich niemand
       beschweren.
       
       Für Dortmunder Sorgenfalten sorgte aber Mats Hummels, der nur 20 Minuten
       nach seiner Einwechslung in der zweiten Halbzeit verletzt wieder
       ausgewechselt werden musste. „Er hat sich den Fuß vertreten“, berichtete
       Löw, ohne eine genaue Diagnose liefern zu können. Auch Marcel Schmelzer
       (Wade) Jèrôme Boateng (Ferse) und Heiko Westermann (Knie) mussten
       angeschlagen ausgewechselt werden.
       
       Auch wenn Löw nicht von einem B-Team sprechen wollte, wurde zunächst
       deutlich, dass da eine zweite Besetzung auf dem Wembley-Rasen stand. In der
       Offensive konnte Mario Götze und Marco Reus ihre technische Überlegenheit
       zu selten nutzen. Vieles wirkte anfangs zaghaft. Immerhin die Defensive um
       Mertesacker stand gut, gerade auch Boateng agierte routiniert.
       
       Die Verantwortung war grundsätzlich neu verteilt im DFB-Ensemble. Toni
       Kroos war in der zentralen Mittelfeldfunktion eher zurückhaltend, drehte
       aber in der zweiten Halbzeit auf. Die Zwillinge Lars und Sven Bender
       agierten erstmals gemeinsam von Anpfiff an als Doppelsechs mit viel
       Kampfkraft.
       
       Das Spiel lief dennoch lange jenseits des Anspruchs eines Top-Duells zweier
       Teams mit großen WM-Ambitionen dahin – und dann kam Mertesacker und sorgte
       für den großen Glücksmoment. Nach einer Flanke von Kroos traf der
       Arsenal-Verteidiger zu seinem vierten Länderspieltreffer – dem ersten per
       Kopfball – wuchtig ins Netz. Wie schon bei Hummels' Führungstor in Italien
       (1:1) sorgte die Kopfarbeit eines Defensivmannes für deutschen Jubel.
       
       Die Engländer bemühten sich, nicht mit konservativem Kick and Rush zu
       agieren und machten besonders über Townsend Druck. Mehr als einen Kopfball
       von Wayne Rooney aufs obere Tornetz hatten sie vor der deutschen Führung
       aber auch nicht produziert. Kurz vor dem Pausenpfiff versuchte sich Steven
       Gerrard (44.) mit einem wuchtigen Distanzschuss – auch der Ball flog über
       Weidenfellers Kasten hinweg.
       
       Hummels zeigte bis zu seiner Verletzung wie Boateng eine starke Leistung.
       Und auch bei Götze lief es nach dem Wechsel deutlich besser. Mit einem
       guten Dribbling spielte er Reus (49.) für eine Chance frei. In der 65.
       Minute scheiterte Reus per Flachschuss am gut aufgelegten Hart. Löw setzte
       nun mit Sidney Sam, Julian Draxler und André Schürrle auf schnelle
       Konterspieler. Gefährliche Angriffe wurden aber kaum noch gesetzt. Das fiel
       nicht ins Gewicht, denn die Engländer fanden gegen die gute deutsche
       Defensive kein Mittel.
       
       20 Nov 2013
       
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