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       # taz.de -- Reaktorsicherheit nach AKW-Havarie: Riskante Operation in Fukushima
       
       > Im Reaktor 4 birgt Japans Energiekonzern Tepco die ersten Brennelemente.
       > Bis die ganze Anlage sicher ist, wird es aber noch lange dauern.
       
   IMG Bild: Techniker bereiten die Bergung der Brennstäbe vor.
       
       TOKYO taz | Japan blickt nervös auf das AKW Fukushima: Am Montag ist die
       Bergung der ersten Brennelemente Nachricht Nummer eins in den
       Abendsendungen. Nach dem schlampigen Umgang des Reaktorbetreibers Tepco mit
       radioaktivem Wasser in den vergangenen Monaten lassen die Journalisten die
       Anlage nicht mehr aus den Augen. Sie schildern, wie ein Schwerlastkran
       vormittags um 10 Uhr einen Castorbehälter in das Kühlbecken von Reaktor 4
       heruntergelassen hat.
       
       5 Stunden später hat ein zweiter Kran das erste Brennelement hochgezogen
       und in dem Behälter abgelegt. Tepco-Chef Naomi Hirose feiert die
       „pünktliche und sichere“ Bergung als „wichtigen Meilenstein“ bei der
       Stilllegung der Atomanlage. Schon in den Tagen zuvor hatte Tepco die
       Öffentlichkeit ungewöhnlich ausführlich informiert.
       
       Hinter dieser Transparenzoffensive steht wohl weniger Einsicht als Angst
       ums eigene Überleben: Jetzt darf nichts schiefgehen, damit die Zahl jener,
       die eine Zerschlagung des Stromriesen anstreben, nicht weiter steigt.
       Kritiker fordern etwa, eine Firma für die Stilllegung des AKWs Fukushima
       von Tepco abzutrennen. Eine andere Möglichkeit wäre es, alle japanischen
       Atomreaktoren in einem neuen Unternehmen unter Staatsaufsicht
       zusammenzufassen.
       
       Selbst Atomkraftfreunde in der Regierungspartei LDP verlangen einen Umbau
       von Tepco. Die Atomanlage in Fukushima muss spätestens bis zu den
       Olympischen Spielen 2020 in Tokio vollständig unter Kontrolle sein – schon
       um gegenüber dem Ausland nicht das Gesicht zu verlieren. Wenn es nun zu
       einer unkontrollierten Kettenreaktion bei der Bergung der Brennstäbe käme,
       wäre das nicht nur eine Katastrophe für die Umwelt, sondern auch ein
       Desaster für den Ruf der Firma.
       
       ## Verschieben und noch einmal üben
       
       Selbst bei der neuen Atomaufsichtsbehörde NRA sitzt das Misstrauen gegen
       Tepco tief. Die Bergung bereite ihm mehr Sorgen als die leckenden Tanks mit
       kontaminiertem Wasser, gestand NRA-Chef Shunichi Tanaka. Immerhin steckt in
       den 400 Tonnen Brennstäben 14.000-mal so viel Cäsium, wie durch die
       Hiroshima-Bombe 1945 freigesetzt wurde. Tepco musste deshalb auch den
       voreilig für den 8. November angesetzten Starttermin aufgeben und die
       einzelnen Schritte bis zur Evakuierung der Arbeiter ausführlicher üben.
       Außerdem verlangte die Atomaufsicht von Tepco, eine Expertengruppe unter
       ausländischer Beteiligung zu konsultieren. Erst vergangene Woche gaben die
       Fachleute grünes Licht.
       
       Seitdem geht Tepco die Bergung mit einer unauffälligen und geschäftsmäßigen
       Haltung an. Der technische Aufbau könne einem starken Erdbeben standhalten,
       betonte Tepco-Präsident Hirose am Montag. Zugleich seien die Geräte aber so
       empfindlich, dass die Bergung, wenn ein Problem auftritt, automatisch
       gestoppt würde.
       
       Der Konzernchef stellt die Operation als Auftakt zur Stilllegung der
       gesamten Anlage dar – doch davon kann keine Rede sein. Nahe den Kühlbecken
       in den Reaktoren 1 bis 3 würde die Strahlung einen Menschen in kurzer Zeit
       töten. Nach Beendigung der Bergung in Reaktor 4 werden daher bis zum
       nächsten Schritt noch Jahre vergehen.
       
       18 Nov 2013
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Martin Fritz
       
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