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       # taz.de -- Demos der Rechtsextremen: Im „T-Hemd“ gegen den „Volkstod“
       
       > Aggressive Aktionen gegen Flüchtlingsheime: Die NPD will von
       > rassistischen Stimmungen in der Mitte der Gesellschaft profitieren.
       
   IMG Bild: Stefan Hartung, Organisator des „Lichtellaufs“ gegen das Flüchtlingsheim in Schneeberg, spricht auf dem Markt
       
       HAMBURG taz | „Ausländer raus“, „Arbeitsplätze für Deutsche“, „Millionen
       Fremde kosten Milliarden! Spart bei denen – nicht bei uns!“ – seit
       Jahrzehnten hetzt die NPD gegen Flüchtlinge, Asylsuchende und Einwanderer.
       In den vergangenen Monaten aber hat die älteste rechtsextreme Partei
       Deutschlands ihre Aktionen gegen „Überfremdung“ und einen anstehenden
       „Volkstod“ ganz offensichtlich verstärkt.
       
       Nicht nur in Schneeberg oder Berlin-Hellersdorf versuchen
       Nationaldemokraten, die Stimmung von Bewohnern gegen die Einrichtung neuer
       Flüchtlingsheime zu nutzen. Dieses Jahr fanden bundesweit bereits 67
       Kundgebungen gegen Asylbewerberunterkünfte statt.
       
       47 davon, zählte das Fernsehmagazin „Report Mainz“, richtete die NPD aus,
       oder sie war an ihnen maßgeblich beteiligt – etwa am vergangenen Freitag im
       brandenburgischen Bestensee, wo sich ca. 200 demonstrierende Bewohner nicht
       daran störten, dass Neonazis ihren Protest ausrichteten.
       
       Angesichts der Zunahme von Asylsuchenden wollen die Neonazis an
       rassistische Stimmungen in der Mitte der Gesellschaft anknüpfen. Auf dem
       NPD-Portal „DS-Aktuell“ etwa titelt Michael Schäfer süffisant: „Du hast
       keinen Bock auf Überfremdung? Umfragen zeigen, Du bist nicht allein!“
       
       Mit Bezug auf eine Forsa-Umfrage führt der Mitarbeiter der sächsischen
       NPD-Landtagsfraktion aus: „70 Prozent der Ostdeutschen und 53 der
       Westdeutschen antworten auf die Frage ’Sollte Deutschland mehr Zuwanderung
       als bisher zulassen?‘ ganz klar mit Nein!“
       
       ## Weltanschauung für 12 Euro
       
       Bereits 2012 hatte die NPD eine „Asylbewerber-Tour“ mit 20 Kundgebungen
       unter dem Motto „Einmal Deutschland und zurück – Asylrecht ist kein
       Selbstbedienungsladen“ ausgerichtet. In Mecklenburg-Vorpommern lief die
       Partei um den Landtagsfraktionsvorsitzenden Udo Pastörs verstärkt vor
       geplanten Asylunterkünfte auf.
       
       Ihr Aktionslogo: ein grimmiges Smiley mit Daumen runter, kombiniert mit dem
       Slogan: „Asylmissbrauch? Nein danke!“ Ein entsprechendes „T-Hemd“ kann man
       beim Landesverband für 12 Euro erwerben.
       
       Im August dieses Jahres veröffentliche der NPD-Landtagsabgeordnete Michael
       Andrejewski aus Mecklenburg-Vorpommern einen „Leitfaden zum Umgang mit
       Asylanten in der Nachbarschaft“. Vermeintlich moderat erklärt er: „Ärger
       kann man mit jedem bekommen“, seien „aber Asylanten die Ruhestörer“, sei es
       wichtig, sich „immer mit mehreren Nachbarn“ zu beschweren – um nicht als
       Einzelner als „sogenannter Rassist fertiggemacht“ zu werden.
       
       Die "Übelwollenden unter den Ausländern“ könnten vor Gericht mit Erfolg
       behaupten, sie seien rassistisch beleidigt worden, weiß Andrejewski – und
       empfiehlt: „Wenn schon mit Asylanten reden, dann nur mit deutschen Zeugen."
       
       ## Erinnerung an Rostock-Lichtenhagen
       
       Eine weiterer Tipp des NPD-Stadtrats in Anklam: „Bloß keine Geschenke
       machen!“ – auch wenn „linke Gutmenschen und Heulsusen“ dazu aufriefen, den
       „armen Verfolgten“ zu helfen. Diese Aktion ruft Erinnerungen wach: Wenige
       Tage vor den Pogromen in Rostock-Lichtenhagen 1992 verteilte Andrejewski
       mit der Aktion „Rostock bleibt deutsch“ fast 100.000 Flugblätter – mit dem
       Appell: „Widerstand leisten“ gegen die angebliche „Ausländerflut“.
       
       Auch in den vergangen Wochen ist es nicht bei Mahnwachen und Flugblättern
       geblieben. In Gemünden (Bayern), Güstrow (Mecklenburg-Vorpommern), Premnitz
       (Brandenburg), Oldenburg (Niedersachsen), Essen (Nordrhein-Westfallen) und
       Wehr (Baden-Württemberg ) kam es auch zu Brandanschlägen und physischen
       Übergriffen.
       
       18 Nov 2013
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Andreas Speit
       
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