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       # taz.de -- Commonwealth-Gipfel in Sri Lanka: Keine Worte über Menschenrechte
       
       > Sri Lankas Präsident will beim Commonwealth-Gipfel nicht über
       > Kriegsverbrechen aus dem Bürgerkrieg sprechen. Einige Staatschefs bleiben
       > deshalb fern.
       
   IMG Bild: Präsident mit weißer Weste: Mahinda Rajapaksa.
       
       BANGKOK taz | An diesem Freitag beginnt in Sri Lankas Hauptstadt Colombo
       der dreitägige Gipfel der Regierungschefs der Commonwealth-Staaten, der
       alle zwei Jahre stattfindet. Dabei gab es schon im Vorfeld Streit. Denn die
       Regierungschefs von Mauritius, Indien und Kanada boykottieren das Treffen
       wegen der problematischen Menschenrechtslage im Gastgeberland. Auch der
       Vorwurf von Kriegsverbrechen durch Regierungstruppen in der Endphase des
       beinahe drei Jahrzehnte dauernden Bürgerkriegs 2009 belastet den Gipfel der
       britischen Exkolonien.
       
       Keheliya Rambukwella, Minister für Massenmedien und Kommunikation, warnte
       Großbritanniens Premier David Cameron in scharfen Worten davor, jetzt Sri
       Lankas Menschenrechtslage zu thematisieren: „Die Einladung von
       Premierminister Cameron ist nicht auf dieser Basis erfolgt. Wir sind eine
       souveräne Nation.“ Sri Lanka sei keine Kolonie, fügte der Minister hinzu.
       
       Präsident Mahinda Rajapaksa erklärte am Donnerstag, sein Land habe „nichts
       zu verbergen“. Sri Lanka habe mit dem Sieg über die Rebellen der
       Befreiungstiger von Tamil Eelam (LTTE) ein jahrzehntelanges Töten beendet.
       
       In Wirklichkeit verhindern Sri Lankas Behörden seit Jahren alle Versuche
       aus dem Ausland, den Vorwürfen nachzugehen. Diese wiegen schwer: Rajapaksa
       rüstete nach seinem Wahlsieg 2005 das sri-lankische Militär mit massiver
       Unterstützung aus China auf. 2008 marschierten Regierungstruppen in die
       Gebiete im Norden des Landes ein, die jahrzehntelang unter der Kontrolle
       der LTTE standen.
       
       ## Brutale Rebellen, brutales Militär
       
       Die Gruppe von Rebellenchef Velupillai Prabhakaran war eine rücksichtslose
       und und äußert brutale Guerillaorganisation. Ihre Kämpfer masskrierten zur
       Abschreckung häufig gefangene Regierungssoldaten. Die LTTE setzte auch
       systematisch Kindersoldaten ein und war eine der weltweit ersten Gruppen,
       die mit Selbstmordattentätern operierte. Entsprechend brutal rächten sich
       Regierungssoldaten an LTTE-Kämpfern, die sie bei ihrer Offensive
       gefangennahmen.
       
       Sri Lankas Regierung spricht hier von „Einzelfällen“. Doch geht das, was
       sich in den letzten Kriegswochen im April und Mai 2009 abspielte, weit über
       Einzelfälle hinaus. Videoaufnahmen und Aussagen Überlebender deuten darauf
       hin, dass die Armee gezielt Gebiete mit Artillerie beschossen hat, von
       denen bekannt war, dass sich dort viele tamilische Zivilisten aufhielten.
       So wurden in mehr als 60 Fällen Krankenhäuser von der Armee beschossen.
       Nach UNO-Schätzungen wurden allein in den letzten Kriegswochen mindestens
       40.000 Zivilisten getötet.
       
       Seit dem Ende des Konflikts sind zahlreiche drastische Videos aufgetaucht,
       die offenbar sri-lankische Soldaten selbst mit ihren Handys aufgenommen
       hatten. Darin sind Exekutionen gefesselter Männer zu sehen, bei denen es
       sich vermutlich um gefangene LTTE-Kämpfer handelte. Experten haben die
       Videos, die dem [1][britischen Sender Channel 4] zugespielt wurden, im
       Auftrag der Vereinten Nationen untersucht und für echt befunden. Sri Lankas
       Regierung bestreitet die Echtheit der Videos.
       
       ## „Rechtsstaatlichkeit ausgehöhlt“
       
       Seit Kriegsende gibt es zudem zahlreiche Vorwürfe von Entführungen,
       außergerichtlichen Tötungen und Angriffen auf Regierungskritiker und
       Journalisten. Zigtausende Soldaten sind weiterhin im Norden des Landes
       stationiert. Dortige Bewohner klagen über Enteignungen und Gängelungen.
       
       Die UN-Menschenrechtsbeauftragte Navi Pillay besuchte Sri Lanka im August,
       um den Vorwürfen nachzugehen. Danach warf sie der Regierung Autoritarismus
       vor und kritisierte, dass Freiheits- und Menschenrechte beschnitten würden.
       „Der Krieg mag vorbei sein“, sagte Pillay nach ihrem Besuch. „Aber in der
       Zwischenzeit sind Demokratie und Rechtsstaatlichkeit ausgehöhlt worden.“
       
       Die Regierung warf ihr darauf „Einmischung“ vor und dass sie ihr Mandat
       überschritten habe. Verteidigungsminister Gotabaya Rajapaksa, einer der
       Brüder des Präsidenten, erklärte vor Anhängern, Pillay habe verlangt, die
       Statue von Sri Lankas erstem Premierminister von einem Platz in Colombo zu
       entfernen. Pillay dementierte.
       
       Für die Zeit des Gipfels hat die Regierung jetzt in Colombo ein
       Demonstrationsverbot verhängt. Von der Opposition geplante Proteste könnten
       ein Sicherheitsrisiko für die Gäste darstellen, so die Begründung.
       
       15 Nov 2013
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] http://www.channel4.com/news/sri-lanka-execution-video-evidence-of-war-crimes
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Sascha Zastiral
       
       ## TAGS
       
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