# taz.de -- Kolumne Über Ball und die Welt: Kündigung wegen HIV-Infektion
> Der Ex-Profifußballer „Lucky“ Isibor ist an Aids gestorben. Jahre vor dem
> Krankheitsausbruch wurde der damals infizierte vom FC Zürich gefeuert.
> Das war illegal.
IMG Bild: Modell eines HI-Virus
Einerseits heißt es doch, dass Sport gesund ist. Andererseits ist Anthony
Joseph „Lucky“ Isibor im Sommer 2013 gestorben. 36 Jahre alt wurde der
nigerianische Stürmer, der zuletzt beim FC Zürich unter Vertrag war. Er
starb an Aids. Seine Infektion mit dem HI-Virus hatte vermutlich mit seinem
Beruf als Profisportler nichts zu tun. Dass aber Isibor im Jahr 2002 in der
Schweiz gefeuert wurde, schon.
Nachdem er einen Dreijahresvertrag unterzeichnet hatte, wurde ihm nach
medizinischen Tests einerseits eine „ausgezeichnete körperliche
Leistungsfähigkeit“ attestiert, andererseits kam der positive Befund einer
HIV-Infektion heraus. Der FC Zürich trennte sich von ihm fristlos, doch das
Zürcher Obergericht entschied im Frühjahr 2013, also als Isibor noch lebte,
dass die Kündigung unzulässig war. Jetzt, wenige Monate nach seinem Tod,
ist das Urteil rechtskräftig, und „Luckys“ Hinterbliebenen stehen
umgerechnet 250.000 Euro zu.
Erst ein staatliches Gericht – und das noch zu spät – hat also einen
Arbeitgeber aus dem Profisport dazu verdonnern können, eine
zivilisatorische Selbstverständlichkeit zu akzeptieren: Dass nämlich ein
HIV-Positiver nicht ausgegrenzt, nicht stigmatisiert und nicht entlassen
werden darf, ja, dass er auch nicht krank ist, sondern nur die Möglichkeit
einer Krankheit in sich trägt.
„Lucky“ Isidor hatte nach seiner Entlassung beim FC Zürich keinen Verein
mehr gefunden, obwohl er einst in der nigerianischen U21-Auswahl als großes
Talent gegolten hatte. Und obwohl er etwa bei Dynamo Moskau, für das er im
Uefa-Cup spielte, als druckvoller Stürmer gegolten hatte. Isidor kehrte
nach Nigeria zurück und lebte zurückgezogen. Freunde und Kollegen, die ihn
trafen, berichteten, er sei gesund und körperlich fit.
## Leistungs- und spielfähig
Nach gesicherten Informationen der nigerianischen Zeitung Punch starb
Isidor nach nur kurzer Krankheit im Juni 2013. Was man jetzt weiß, ist also
das, was der FC Zürich auch schon 2002 hätte wissen können: Der damals
25-jährige „Lucky“ Isidor war nicht krank, er war leistungsfähig und hätte
spielen können.
Der Weltfußballverband Fifa ist stolz auf ein Programm, das „Football for
Health – Fußball ist gesund“ heißt. Dort wird bei jungen Fußballern dafür
geworben, sie sollten sich sogenannten Aidstests unterziehen: „Suche dir
eine Partnerin oder einen Partner, und geht zusammen zum nächstgelegenen
HIV-Testzentrum“, heißt es auf der Website. „Falls du einen Fußball hast,
versuche ihn bis dorthin zu dribbeln!“
Die Fifa beschreibt den Zusammenhang von HIV und Fußball so:
„Fußballspielen ist gesund, hält fit und schützt vor zahlreichen
Zivilisationskrankheiten.“ Fußball, egal auf welchem Niveau gespielt, stehe
nämlich für „einen gesunden Lebenswandel“. Die Neue Zürcher Zeitung zitiert
den medizinischen Leiter der Fifa, Jiri Dvorak: „HIV-positive Fußballer
dürfen vom Trainings- und Spielbetrieb nicht ausgeschlossen werden.“
## Infiziert ist nicht krank
Das mag die Position der Fifa sein, vielleicht auch nur die ihres
Chefarztes, aber im weltweiten Fußball ist dieses Wissen noch nicht
angekommen. Das kann daran liegen, dass die Unterscheidung zwischen einer
HIV-Infektion und dem Ausbruch der Krankheit Aids in der übrigen
Gesellschaft ohnehin nicht allzu bekannt ist. Es wirkt aber schwerer, weil
der Sport sich ja – nicht zuletzt, damit er Zuspruch und Geld bekommt – zum
Volksgesundheitswart aufgeschwungen hat.
Man muss sich vermutlich nicht mal vergegenwärtigen, welche Verletzungen
und Krankheiten genau dadurch zustande kommen, dass jemand Sport treibt, um
die Selbstdarstellung der Sportverbände, sie stünden für Gesundheit,
bedenklich zu finden. Wenn dann aber noch herauskommt, dass ein Fußballklub
einen HIV-positiven Angestellten lieber fristlos feuert, als sich um seine
Gesundheit zu bemühen, dürfte das Vertrauen in die diesbezügliche Kompetenz
des organisierten Sports endgültig dahin sein. Sport ist nicht mal dann
gesund, wenn er es dringend sein müsste.
15 Nov 2013
## AUTOREN
DIR Martin Krauss
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