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       # taz.de -- Geplante Syrienkonferenz: Kehrtwende der Opposition
       
       > Die Nationale Koalition hat nun doch ihre Teilnahme an der
       > Genf-2-Konferenz zugesagt. Trotzdem wird diese wohl nicht so schnell
       > stattfinden.
       
   IMG Bild: Weiterhin umkämpft: die nordsyrische Stadt Aleppo
       
       ISTANBUL taz | Am Ende war der Druck von Aktivisten im Land und westlichen
       Unterstützern zu groß. Die syrische Nationale Koalition (NK), das größte
       Oppositionsbündnis, hat nun doch ihre Teilnahme an der geplanten
       Syrien-Konferenz zugesagt. Der Beschluss fiel am frühen Montagmorgen nach
       zweitätigen Beratungen in Istanbul.
       
       Vor einer Woche hatte NK-Präsident Ahmed Dscharba noch einen Zeitplan für
       den Rücktritt von Präsident Baschar al-Assad gefordert. Davon ist nun keine
       Rede mehr. Allerdings besteht die NK darauf, dass es für Assad und „alle,
       die Blut an den Händen haben“, keinen Platz in einer Übergangsregierung
       gibt. Die einzige Zukunft, die es für Assad gebe, sei ein fairer Prozess,
       sagte NK-Sprecher Khaled Saleh.
       
       Statt Assad stellte die NK die katastrophale humanitäre Lage in Syrien in
       den Vordergrund. Hilfsorganisationen müssten Zutritt zu den vom Regime
       belagerten Regionen erhalten, fordern die Oppositionellen in einer
       gemeinsamen Erklärung. Zudem müsse das Regime Gefangene freilassen, vor
       allem Frauen und Kinder.
       
       Die Opposition stelle keine neuen Bedingungen für ihre Teilnahme an der
       sogenannten Genf-2-Konferenz, sagte Saleh. Vielmehr bestehe sie nur auf den
       Vereinbarungen, die bereits auf der ersten Konferenz in Genf im Juni 2012
       beschlossen und die am Treffen der „Freunde Syriens“ in London im Oktober
       bekräftigt worden seien.
       
       Etliche islamistische Rebellengruppen lehnen die sogenannten
       Friedensgespräche freilich ab. Wer sich darin beteilige, sei ein Verräter,
       erklärten sie im Vorfeld der NK-Generalversammlung in Istanbul. Ein Komitee
       habe den Auftrag, mit diesen Gespräche zu führen, heißt es in der Erklärung
       der NK. Dass sie sich überzeugen lassen, ist fraglich. Denn unter den
       Rebellen haben in letzter Zeit immer mehr die Extremisten rund um al-Qaida
       die Oberhand gewonnen.
       
       ## „Es gibt kein Brot, nichts“
       
       Darunter leiden auch die Aktivisten, die vor fast drei Jahren mit
       friedlichen Demonstrationen den Aufstand begannen und weiterhin für ein
       demokratisches Syrien kämpfen. Frustriert verfolgten sie die Händel in
       Istanbul. „Sie streiten sich hier um Kleinigkeiten, während wir in Syrien
       an Hunger sterben“, sagte eine Aktivistin aus der Nähe von Damaskus. Die
       Lage in den vom Regime belagerten Gebieten südlich der Hauptstadt sei
       katastrophal. „Das einzige, was es zu essen gibt, sind Linsen“, sagte sie.
       „Es gibt kein Brot, nichts.“
       
       Ein Aktivist aus der Region um Aleppo im Norden des Landes zeichnet ein
       ähnlich düsteres Bild. „Wir zahlen den Preis mit unserem Blut, während sie
       hier in einem teueren Hotel palavern“, beklagt er sich. Wie zahlreiche
       andere Aktivisten forderte er eine Teilnahme der NK an Genf 2: „Sie sollten
       hingehen, und wenn die Konferenz scheitert, kann man zumindest sie nicht
       dafür verantwortlich machen.“
       
       Westliche Diplomaten machten ebenfalls Druck. US-Außenminister John Kerry
       lobte den Beschluss am Montag als „großen Schritt nach vorn“. Das Regime
       lehnt Gespräche mit „Terroristen“ ab und will nur mit der von Assad
       geduldeten Opposition im Land reden. Die Fraktionskämpfe in der NK, in der
       Muslimbrüder, Exilanten und säkulare Vertreter die größten Blöcke bilden,
       sind ebenfalls nicht beendet. Minderheiten wie Kurden, Christen und
       Alawiten haben bisher keine Stimme von Gewicht.
       
       Wie tief das Misstrauen ist, zeigte sich am Streit um weitere Sitze für die
       Kurden, die rund 10 Prozent der Bevölkerung bilden, aber nur 3 Vertreter
       unter den 120 Mitgliedern der Generalversammlung haben. Nach langem Zögern
       will sich der Kurdische Nationalrat dem Oppositionsbündnis anschließen. Die
       wichtigste kurdische Partei, die der PKK nahestehende Partei der
       Demokratischen Union, gehört diesem nicht an.
       
       Trotzdem scheiterte die Aufnahme der Kurden zunächst daran, dass sich die
       Versammlung nicht einigen konnte, ob die Abstimmung offen oder geheim
       stattfinden soll. Der Streit überschattet auch die Bildung einer
       Interimsregierung.
       
       11 Nov 2013
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Inga Rogg
       
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