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       # taz.de -- Tropensturm „Haiyan": Beispiellose Verwüstung
       
       > Die Philippinen sind von dem schlimmsten Wirbelsturm seit Jahrzehnten
       > heimgesucht worden. Viele Menschen sind noch ohne Hilfe. Jetzt erreicht
       > der Taifun Vietnam.
       
   IMG Bild: Existiert praktisch nicht mehr: die philippinische Küstenstadt Hernani.
       
       TACLOBAN ap/dpa | Drei Tage nach dem Zerstörungszug von Taifun „Haiyan“
       wird auf den Philippinen langsam das ganze Ausmaß der Katastrophe offenbar.
       In der besonders betroffenen Stadt Tacloban auf der Insel Leyte bot sich am
       Montag ein Bild beispielloser Verwüstung: Von Bäumen hingen Leichen herab,
       einige lagen an Straßenwegen. Eine offizielle Opferzahl lag noch nicht vor,
       doch die Behördenvertreter vor Ort gingen von bis zu 10.000 Toten und mehr
       aus. Auch andere Landesteile meldeten Hunderte Todesopfer und tausende
       Vermisste.
       
       Die internationale Hilfe für die Katastrophengebiete rollt nun an. Die USA
       stellen nach den Worten von Präsident Barack Obama „erhebliche“ humanitäre
       Unterstützung bereit, die noch ausgebaut werden könne. Japan kündigte die
       Entsendung eines Hilfsteams mit medizinischer Expertise an.
       
       Besonders dramatisch ist die Lage derzeit in Tacloban, das offenbar
       praktisch dem Erdbeben gleichgemacht wurde. Aus der Luft glich die
       Landschaft einem riesigen Müllhaufen, vereinzelt ragten noch Gebäude aus
       dem Boden. Überlebende irrten durch die Überreste ihrer zerstörten
       Holzhäuser und suchten nach ihren Anghörigen oder Hab und Gut. Tacloban
       liegt an der Küste und hat 200.000 Einwohner.
       
       Bislang sei wenig Hilfe in der Stadt angekommen, berichteten Anwohner.
       Einige von ihnen plünderten in ihrer Not Wasser und Nahrungsmittel aus
       Einkaufszentren, Geschäften und Tankstellen. Blockierte Straßen und
       zerstörte Flughäfen erschwerten die Rettungsaktionen in der Region.
       
       „Die Gegend ist total verwüstet“, sagte der Chef des Internationalen
       Komittes vom Roten Kreuz (IKRK) in Tacloban, Sebastien Sunjobert. „Viele
       haben ihr Leben gelassen, eine riesige Zahl an Menschen werden vermisst,
       grundlegende Dinge wie Trinkwasser und Strom sind abgeschnitten“. Da die
       Büros des örtlichen Roten Kreuzes und des IKRK zerstört worden seien,
       müssten deren Mitarbeiter vorübergehend ausweichen, sagte Sunjobert weiter.
       
       ## Not und Verwüstung
       
       Mit Windgeschwindigkeiten von bis zu 275 Kilometern pro Stunde war Taifun
       „Haiyan“ am Freitag über die Ostküste der Philippinen hereingebrochen.
       Mindestens sechs zentrale Inseln wurden in Not und Verwüstung gerissen,
       rund vier Millionen waren nach Angaben der nationalen
       Katastrophenschutzbehörde von dem Sturm betroffen.
       
       Trotz der vorsorglichen Evakuierung von 800.000 fiel die Zahl der Opfer
       wohl deshalb so hoch aus, weil viele Notunterkünfte – etwa Schulen aus
       Ziegel und Mörtel, Kirchen und Regierungsgebäude – den starken Winden und
       bis zu sechs Meter hohen Sturmfluten nicht standhalten konnten. Menschen,
       die an diesen Orten Zuflucht gesucht hätten, seien entweder ertrunken oder
       fortgeschwemmt worden, sagten Behördenvertreter.
       
       Neben Leyte traf es offenbar auch die Provinzen Samar und den nördlichen
       Teil von Cebu hart. Videoaufnahmen aus der Ortschaft Guiuan im Osten von
       Samar zeigten eine ähnliche Schneise der Verwüstung wie in Tacloban. „Ich
       habe kein Haus, ich habe keine Kleidung“, klagte eine weinende Frau. „Wir
       bitten um Hilfe. Wer auch immer ein gutes Herz hat, ich bitte euch – bitte
       helf Guiuan“.
       
       Auf der Insel Samar, die Tacloban gegenüberliegt, wurde der Tod von 300
       Menschen bestätigt. 2000 weitere werden vermisst. Einige Städte in der
       Region seien noch nicht von Hilfskräften erreicht worden, sagte Leo
       Dacaynos vom örtlichen Katastrophenschutz. Er bat um Wasser und
       Lebensmittel. Zudem sei die Stromversorgung zusammengebrochen, es gebe kein
       Handysignal.
       
       Das Hilfswerk Unicef geht davon aus, dass 1,7 Millionen Kinder von der
       Katastrophe betroffen sind. Die Organisation schickte 60 Tonnen Hilfsgüter
       auf die Philippinen, die am Dienstag dort eintreffen sollen.
       
       Falls die Zahl der Toten bestätigt wird, wäre dies die schlimmste
       Naturkatastrophe auf den Philippinen. 1976 waren rund 5800 Menschen einem
       Erdbeben der Stärke 7,9 und einem anschließenden Tsunami zum Opfer
       gefallen. Der schlimmste Taifun riss 1991 rund 5100 Menschen in den Tod.
       
       In Rom betete Papst Franziskus mit Zehntausenden Gläubigen für die Opfer
       des Taifuns. Er wolle den Menschen auf den Philippinen und den umliegenden
       Regionen versichern, dass er sich ihnen nahe fühle, sagte er. Auf den
       Philippinen leben die meisten Katholiken in Asien. Zudem sind die
       Philippiner die größte Einwanderer-Gemeinde Roms.
       
       ## Tropensturm trifft auf Vietnam
       
       Taifun „Haiyan“ ist nach dem verheerenden Zerstörungszug über die
       Philippinen am Montag mit heftigem Wind und Dauerregen über die Küste
       Nordvietnams hereingebrochen. Betroffen war auch die bei Touristen beliebte
       Ha Long-Bucht gut 120 Kilometer östlich von Hanoi. „Touristen sind nicht zu
       Schaden gekommen und nicht in Gefahr“, sagte der Vizedirektor der
       Tourismusbehörde in der Provinz Quang Ninh, Tran Van Luan, der
       Nachrichtenagentur dpa.
       
       Die Bootsausflüge in die Bucht seien schon am Sonntag eingestellt worden.
       Am Dienstag gehe der Betrieb weiter. In der Region beginnt gerade die
       Hochsaison. Dort werden nach Angaben der Behörde täglich 2000 ausländische
       Touristen erwartet.
       
       Der Taifun kam in Vietnam deutlich schwächer an Land als auf den
       Philippinen. Die Behörden hatten in Zentralvietnam 800 000 Menschen in
       Sicherheit gebracht, bevor der Taifun seinen Kurs Richtung Norden änderte.
       Nach ersten Berichten kam niemand ums Leben. „Der stellvertretende
       Regierungschef Hoang Trung Hai lobte die örtlichen Behörden für ihre guten
       Vorbereitungen“, berichtete das Fernsehen.
       
       Es wird erwartet, dass sich „Haiyan“ weiter abschwächt und am Montagabend
       mit Regengüssen den Süden Chinas erreicht.
       
       11 Nov 2013
       
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