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       # taz.de -- Schwarz-rote Energiewende: Einigen wir uns auf Flaute
       
       > Erste Details für die Reform des Erneuerbare-Energie-Gesetzes stehen
       > fest. Es gibt weniger Geld für Windkraft und mehr Macht für die
       > Industrie.
       
   IMG Bild: Zu teuer: der Ausbau von Offshore-Windparks
       
       BERLIN taz | Zufrieden sah er aus, der noch amtierende Bundesumweltminister
       Peter Altmaier (CDU). Es sei die größte Reform des
       Erneuerbaren-Energien-Gesetzes, dass die künftige Koalition bis Sommer 2014
       verabschieden will, sagte er, als er am Samstag zusammen mit der
       nordrhein-westfälischen Ministerpräsidentin Hannelore Kraft die Ergebnisse
       der Arbeitsgruppe Energien bei den Regierungsverhandlungen präsentierte.
       
       Tatsächlich sieht das Papier radikale Änderungen bei der Förderung
       erneuerbarer Energien vor – vor allem bei der Windkraft. Hier soll der
       Ausbau von Anlagen auf dem Meer langsamer vorangehen, die Förderung von
       neuen Anlagen auf dem Festland wird gekürzt. Ab 2016 wird zunächst zwei
       Jahre lang ein Systemwechsel bei der Förderung erprobt. Bisher bekam jeder
       Zuschüsse aus der EEG-Umlage, der eine Anlage ans Netz anschließt.
       
       Künftig muss man sich darum bewerben. Der Staat legt dann fest, wie viel
       Solar- oder Windkraftwerke er querfinanzieren will. Betreiber müssen sich
       dann auf eine Ausschreibung hin bewerben. Die Koalition hofft so, den
       Ausbau genauer steuern zu können.
       
       ## Zwei Windparks im Jahr
       
       Das betrifft auch die Offshore-Windkraft, die als nächster großer
       Kostenblock der Energiewende gilt. Bisher war geplant, dass im Jahr 2020
       insgesamt 2.000 bis 3.000 Propeller auf dem Meer eine Gesamtleitung von 10
       Gigawatt erbringen sollten. Nun rechnet die Koalition nur noch mit maximal
       6,5 Gigawatt im Meer installierter Leistung. Die Industrie hält ohnehin
       mehr für nicht realisierbar, dürfte also kaum Arbeitsplätze abbauen. Bis
       2030 soll der weitere Ausbau dann über das noch zu erprobende
       Ausschreibungsmodell gefördert werden: Zwei Windparks im Jahr, nicht mehr,
       das wären dann 15 Gigawatt bis 2030, bisher waren zehn mehr geplant.
       
       Auf andere, entscheidendere Zahlen konnten sich beide aber nicht einigen.
       Wie viel Strom soll in Deutschland im Jahr 2030 aus erneuerbaren Energien
       stammen? 50 bis 55 Prozent, wie von der Union gefordert? Oder 75 Prozent,
       wie es die SPD will? Vor einer Entscheidung noch im Laufe der
       Koalitionsverhandlungen soll gerechnet werden, was welches Szenario kosten
       würde.
       
       Gekürzt werden soll auch bei der Windkraft an Land, allerdings gibt es noch
       keine Zahlen, in welcher Höhe – das wird entscheidend sein, wo künftig noch
       Anlagen errichtet werden. Großes Anliegen der Koalition war es eigentlich,
       den dauernden Anstieg der Strompreise zu stoppen. Doch die von Altmaier
       angekündigte „Strompreisbremse“ ist völlig aus dem Fokus geraten.
       
       Die SPD will daher die Stromsteuer senken, mit der momentan unter anderem
       die Rentenkasse quersubventioniert wird. Sie soll erst um ein Viertel
       gekürzt werden, dann jährlich weiter, je nachdem, wie hoch der Anteil
       erneuerbarer Energien ist. Die Union lehnt das ab, die Entscheidung darüber
       wird nun in großer Runde von den Parteispitzen fallen und steht ohnehin
       unter Finanzierungsvorbehalt.
       
       ## Privilegien der Industrie
       
       Am wenigsten konkret ist die Vereinbarung beim größten Aufreger der
       Vergangenheit: den Privilegien der Industrie, die in immer größerem Umfang
       von der EEG-Umlage ganz oder teilweise befreit ist. Die Umlage wird auf den
       Strompreis aufgeschlagen, um den erneuerbaren Strom zu finanzieren. Über
       die Industrierabatte gibt es Streit mit der EU-Kommission. Deren
       Wettbewerbskommissar sieht darin eine unerlaubte staatliche Beihilfe.
       
       Union und SPD wollen das EEG nun „europarechtskonform“ überprüfen.
       Ausnahmen soll es nur noch für Unternehmen geben, die im internationalen
       Wettbewerb sehen.
       
       Die auf Linke und Grüne geschrumpfte Opposition greift die Vereinbarung
       jedenfalls scharf an: „Union und SPD haben kein Interesse mehr an
       Klimaschutz. Der Ausbau der Erneuerbaren soll gedrosselt werden.
       Gleichzeitig dürfen die Kohlekraftwerke munter weiterlaufen. Hier gibt
       Schwarz-Rot einen Freifahrtschein aus“, schreibt die Bundestagsabgeordnete
       Bärbel Höhn in einer Stellungnahme.
       
       10 Nov 2013
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Ingo Arzt
       
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